Demoralisiert am Boden

von Redaktion

War’s das schon für den HSV? Nach dem verpassten Sieg gegen Mainz riecht es für den Bundesliga-Dino nach Abstieg

von lars reinefeld

Hamburg – Die Erstligazeit des Hamburger SV geht zu Ende. Daran gibt es seit Samstag kaum noch Zweifel. Nach dann 55 Jahren ohne Unterbrechung wird der Bundesliga-Dino wohl oder übel erstmals den Gang in die 2. Liga antreten. Fans, Spieler, Verantwortliche – sie alle wussten nach dem 0:0 gegen Mainz 05, dass es den einstigen Stolz der Hansestadt nach jahrelanger Misswirtschaft dieses Mal mit großer Gewissheit erwischen wird.

„Wir sind in einer ganz schlimmen Situation, die noch mal schlechter geworden ist“, sagte Sportdirektor Jens Todt nach dem zwölften Spiel in Serie ohne Sieg. Dass der HSV auch in einer halbstündigen Überzahl nach Gelb-Rot für den Mainzer Leon Balogun keinen Treffer zustande brachte, führte auch dem letzten Daueroptimisten schonungslos vor Augen: für dieses HSV-Team reicht es einfach nicht für die 1. Liga.

„Ich bin von der Natur aus ein Mensch, der nicht aufgibt, wenn es rechnerisch noch möglich ist. Aber ich bin Realist genug, um zu wissen, dass wir das Spiel hätten gewinnen müssen, um im Endspurt eine Restchance zu haben“, sagte Stürmer Sven Schipplock.

Da es aber trotz 20:5 Torschüssen und 11:1 Ecken nur zu einem mickrigen Pünktchen reichte, wird es anders als 2014, 2015 und 2017 dieses Mal ziemlich sicher keine Last-Minute-Rettung geben. „Aufgeben liegt nicht in meinem Naturell, aber wir brauchen schon ein kleines Wunder“, gestand auch Trainer Bernd Hollerbach, der weiter ohne Sieg als HSV-Coach ist.

In punkto Einsatz konnte man den Hamburgern dieses Mal keinen Vorwurf machen. Die Mannschaft hatte „alles reingehauen“, wie Hollerbach immer wieder betonte. Doch die Qualität im Kader reicht einfach nicht aus, selbst einen so schwachen Gegner wie Mainz zu besiegen. Dass der HSV in der Winterpause nicht noch mal auf dem Transfermarkt tätig wurde, wird als einer der schwersten Fehler in die Vereinsgeschichte eingehen. Die Idee, nicht erneut auf Geld von Klaus-Michael Kühne zu setzen und damit nicht noch abhängiger von dem launischen Gönner zu werden, war eine hehre – allein der Zeitpunkt für diesen Kurswechsel war der kolossal falsche.

Weshalb die aktuellen Entscheidungsträger beim nun notwendigen Neuaufbau im Unterhaus keine Rolle mehr spielen werden. Die Tage von Vorstandsboss Heribert Bruchhagen, Sportdirektor Jens Todt und Trainer Bernd Hollerbach an der Elbe sind längst gezählt. Hinter den Kulissen treibt der alte und neue Präsident Bernd Hoffmann die Pläne für die ungewisse Zukunft bereits voran. Es soll unbedingt verhindert werden, dass es dem HSV so ergeht wie den Traditionsklubs TSV 1860 oder 1. FC Kaiserslautern, die sich vom Abstieg aus der Bundesliga bis heute nicht erholt haben.

Viel wird davon abhängen, ob der HSV die völlig verkorkste Saison mit Anstand zu Ende bringt, jetzt wo der Abstieg bei weiter sieben Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz fast schon besiegelt scheint. Neun Spieltage Erstklassigkeit bleiben noch, dann wird die Kultstatus besitzende Stadionuhr wohl zum Stillstand kommen. Wichtig wird es sein, bei den Fans mit zumindest couragierten Leistungen Hoffnungen auf eine bessere Zukunft zu wecken.

Am Samstag besangen die Anhänger mit bewundernswertem Trotz den noch gültigen Status als einziger Dino der Bundesliga. Doch nach dem 0:0, bei dem Filip Kostic zur Krönung auch noch einen Elfmeter vergab, machten auch sie deutlich, was nach dem Abpfiff alle wussten und fühlten. „Absteiger, Absteiger“, hallte es durch den Volkspark. Und niemand machte sich mehr die Mühe zu widersprechen.

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