TENNIS

Ein Ständchen für den Mann mit Sombrero

von Redaktion

Juan Martin del Potro liefert eine der besten Turnierwochen seiner Karriere – was auch Alexander Zverev auf schmerzliche Art erfahren musste

VON DORIS HENKEL

Acapulco – Am Ende war es so wie jedes Mal, wenn dieser Mann gewinnt, und manchmal muss er ja nicht mal gewinnen, damit ihm die Fans ein Ständchen bringen. Mit dem mächtigen Sieger-Sombrero auf dem Kopf sah Juan Martin del Potro aus wie ein Mexikaner, aber dieser argentinische Mexikaner freute sich vor allem über eine der besten Turnierwochen seines Lebens.

Im Viertelfinale der Abierto Mexicano in Acapulco hatte er den Österreicher Dominic Thiem besiegt, Nummer sechs der Welt, im Halbfinale Alexander Zverev (fünf), und im letzten Spiel war es Kevin Anderson aus Südafrika, Nummer acht. Drei Spieler aus den Top Ten in drei Tagen, das ist eine höchst eindrucksvolle Bilanz. Man muss weit zurückblicken, um in der Karriere des Siegers den passenden Vergleich zu finden – bis zu den ATP-Finals 2009. Das war fast in einem anderen Leben, jedenfalls lange bevor del Potro von diversen Operationen am linken Handgelenk gestoppt und fast ausgebremst wurde.

Zu den Dingen, die nach den Operationen anders sind als früher, gehört seine Spielweise mit der Rückhand. Weil das Gelenk den mit einer massiven Drehung verbundenen Topspin auf die Dauer nicht mehr verträgt, spielt er seit der Rückkehr vor zwei Jahren mit der Rückhand in erster Linie Slice.

Am Anfang sah es so aus, als sei er auf diese Weise vor allem gegen starke Aufschläger nicht konkurrenzfähig, doch das stimmt längst nicht mehr. Zverev gehört zu den besten Aufschlägern des Tennis, Anderson ebenfalls, aber die Souveränität, mit der del Potro die Geschosse der beiden entschärfte, war auch diesmal sehenswert.

Sein Spiel mag in manchen Momenten nicht mehr die zwingende Dynamik früherer Tage haben, aber es ist variabler; es macht Spaß, ihm dabei zuzusehen, wie er den Ball zehnmal mit der Rückhand cross auf die andere Seite sägt, wie er sich für die Vorhand in Position bringt und dann schießt. Nicht zu reden davon, dass ihm das intensive Training an der unterschnittenen Rückhand beim Flugballspiel auf dieser Seite hilft.

Und der flach abspringende Slice ist ja ein wunderbares Mittel, lange Kerle wie Zverev oder Anderson in die Knie zu zwingen, was vor allem im Fall des jungen Deutschen am Ende ziemlich schmerzhaft war. Nach einem Aufschlag im zweiten Spiel des ersten Satzes des gemeinsamen Halbfinales hatte Zverev einen scharfen Schmerz im linken Knie gespürt. Er ließ zwar das Knie mit einem Tape-Verband stabilisieren, aber der Schmerz nach jedem Aufschlag blieb. Mitte des zweiten Satzes tat das Knie nicht nur beim Aufschlag weh, sondern auch bei allen anderen Bewegungen, am Ende versuchte es Zverev ohne den Tape-Verband, doch das ging auch nicht.

Nach einer bis dahin guten Turnierwoche mit drei Siegen passte im letzten Spiel nicht allzu viel zusammen. Mit geschwollenem Knie saß er nach der Niederlage in der Pressekonferenz und versicherte, das sei jetzt wirklich kein gutes Gefühl. Am Tag danach machte er sich dennoch wie geplant mit der ganzen Familie und seinem Physiotherapeuten Hugo Gravil auf den Weg zum Turnier nach Indian Wells. „Ich muss schauen, dass es nichts Ernstes wird, dass es in ein paar Tagen weg sein wird“, sagte er zum Abschied, „dann bin ich auch relativ positiv für Indian Wells.“

In der Form von Acapulco dürfte Juan Martin del Potro in der kalifornischen Wüste zu den größten Herausforderern von Roger Federer gehören. Mit dem 21. Titel seiner Karriere im Gepäck – dem wichtigsten seit fast fünf Jahren, als er die Trophäe bei den Swiss Indoors in Basel gewonnen hatte – machte sich der Sieger aus Acapulco gestern auf den Weg zur nächsten Station.

In Indian Wells, das zur Serie der Masters-1000-Turniere gehört (den wichtigsten Turnieren unterhalb der Ebene der großen vier in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York), haben sie sich auch in diesem Jahr mancherlei ausgedacht, unter anderem dieses: Für einen Spieler oder eine Spielerin, der/die sowohl den Titel im Einzel als auch im Doppel gewinnt, wird zusätzlich zum ohnehin schon sehr hübschen Preisgeld eine Prämie von einer Million Dollar ausgelobt.

Turnierdirektor Tommy Haas sagt, die Prämie sei als Anreiz für die besten Einzelspieler gedacht, auch im Doppel anzutreten. Wenn das keine Aufgabe für den argentinischen Mexikaner ist – so, wie die Dinge im Moment laufen.

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