Freiburg – Ja, es kamen gestern Abend tatsächlich so etwas wie Frühlingsgefühle auf, auch als die Sonne im Breisgau längst untergegangen war. Keine Mützen, keine Handschuhe, keine eingemummelten Reservespieler. Sondern kurze Ärmel, Plus-Temperaturen, freie Beine und: jede Menge Spielfreude. Man fühlte sich ein wenig zurück erinnert an die Zeit vor dem eisigen Winter, also jene, in der Jupp Heynckes seine Arbeit in München aufgenommen hatte. Am 14. Oktober des vergangenen Jahres, als Freiburg in München gastierte, war es ähnlich mild. Und genauso wie damals (5:0) fiel das Ergebnis am Ende eindeutig aus.
Obwohl die Gastgeber aggressiv und mutig begannen, stellte Bayern schnell klare Verhältnisse her. Das von Thomas Müller eingeleitete 1:0 wurde letztlich als Eigentor des Freiburger Keepers Alexander Schwolow gewertet (25.), vier Minuten später sorgte Corentin Tolisso mit einem Traumschuss für das 2:0. Am Ende stand nach Toren von Sandro Wagner (54.) und Müller (69.) ein 4:0 und 20 Punkte Vorsprung bei neun ausstehenden Spielen. Zeit für genaue Meister-Datums-Rechnungen.
Spiele im Schwarzwald-Stadion sind meist eine unangenehme Angelegenheit, das weiß auch der FC Bayern aus eigener Erfahrung. Richtig leicht hat man sich lange nicht mehr getan an diesem idyllischen Örtchen, auf diesem Platz, der ein paar Meter zu kurz ist, und gegen diese Mannschaft, die gegen den großen Gegner meist kämpft bis zum Umfallen. Das war auch gestern der Fall, aber es half irgendwann nicht mehr. Nach einer Anfangsphase, in der es munter hin und her ging, übernahm der Tabellenführer die Initiative. Angetrieben vom starken Mittelfeld um Torschützen Tolisso, Arturo Vidal und Thiago, der nach seiner Pause immer besser in Fahrt kommt, zeigte die Elf von Jupp Heynckes, dass sie sich trotz der fehlenden Spannung dieser Wochen nicht hängen lassen wird. Im Gegenteil: Heynckes attestierte seiner Mannschaft hinterher „eines der besten Spiele in dieser Saison“.
Dabei hätte man mit Blick auf die Aufstellung durchaus Verständnis haben können, hätten sich die Münchner erst finden müssen. Heynckes hatte sich – trotz schlechter Erfahrungen unter anderem in Wolfsburg – wieder für Rotation entschieden. Obwohl Kingsley Coman und Franck Ribery bekanntlich fehlten, setzte der Coach auch Arjen Robben und Robert Lewandowski auf die Bank. Die Flügel besetzten der überragende Müller (rechts) sowie der im Lauf der Partie stärkere Juan Bernat (links). Zentral stürmte Wagner. Es war aber das Gesamtwerk, das Heynckes gefiel. „Das war ein überragendes Spiel in allen Belangen“, sagte er, „fußballerisch erstklassig.“
Die ersten Minuten waren unterhaltsam, weil Freiburg zu Chancen kam und die Bayern sich bei Sven Ulreich und dessen Parade gegen Lucas Höler bedanken konnten, nicht schon in der zwölften Minute in Rückstand geraten zu sein (SCF-Trainer Streich: „Wenn wir da in Führung gehen, läuft das Spiel anders“). Der Mut der Gäste schwand allerdings, als die Münchner anfängliche Unkonzentriertheiten abstellten und Zug zum Tor entwickelten. Das 1:0 fiel nach einem schönen Zuspiel von Mats Hummels auf Müller, der den Ball nach einem Abpraller an Caglar Söyüncü an Schwolows Oberschenkel lenkte. Bis die Statistiker den echten Torschützen ermittelt hatten, dauerte es. Letztlich aber war es egal. Die Führung war verdient, und das Spiel eigentlich gelaufen, als Tolisso mit rechts aus dem Halbfeld abzog. Ein Traum-Tor zum 2:0.
Freiburg gab sich nicht auf, Wagner machte nach Vorarbeit von Bernat und Müller aber alles klar. Tor nach Videobeweis, viele Pfiffe der Freiburger Fans, Jubel in Bayern-Reihen. Wie auch eine Viertelstunde später, als Müller eine Ecke von Joshua Kimmich verwertete. „Beim ersten Tor war Glück dabei“, sagte Müller, „aber das zweite war schon nicht schlecht.“
4:0 also, aber was Freiburg von sich behaupten kann: Als erster Bundesligist schon zwei Mal gegen die Heynckes-Bayern gespielt zu haben. Alle anderen müssen noch.