Dopingvorwürfe gegen britische Radstars

Alles fauler Zauber?

von Redaktion

So feiert man Nationalhelden: Als der Radfahrer Bradley Wiggins bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London 2012 als Überraschungsgast im Gelben Trikot präsentiert wurde, da brach unter den 80 000 Zuschauern ein rekordverdächtiger Jubel aus. Allein der Queen, die den so wackeren Pedaleur noch zum Ritter schlagen sollte, war an diesem euphorischen Abend vielleicht noch ein klein bisschen mehr Zuneigung beschert. England jedenfalls war hingerissen von dem hageren Mann mit den mächtigen roten Koteletten. Hatte er doch das härteste Rennen der Welt gewonnen, die legendäre Tour de France. Und das für ein Land, das im Radsport über Jahrzehnte nicht einmal eine Nebenrolle gespielt hatte.

Wiggins war die erste Verkörperung des britischen Radsportwunders, das Anfang dieses Jahrzehnts mit der Gründung des Team Sky ins Rollen kam und es unter der Regie des Velo-Gurus Sir David Brailsford zu dauerhaftem Weltruhm brachte. Mittlerweile ist Sky-Kapitän Christopher Froome als bereits vierfacher Tour-Sieger zum absoluten Dominator seiner Branche aufgestiegen. Derlei atemberaubende Erfolgsstories sind nicht ganz neu. So löste vor gut zwanzig Jahren in Deutschland das Team Telekom quasi aus dem Nichts kommend einen – hierzulande im Radsport noch nie erlebten – Begeisterungstaumel aus. Jan Ullrich, der erste deutsche Tour-Sieger, wurde zum unschlagbaren Publikumsliebling. Die Geschichte ist jedoch nicht gut ausgegangen. Das scheinbare Wunder entpuppte sich als fauler Zauber, der Doping-Skandal um Telekom beendete für Jahre die große Velo-Seligkeit. Inzwischen spricht einiges dafür, dass sich in dieser Hinsicht eine weitere Parallele zu Sky auftut.

Der britische Rennstall, der sich ja stets nachdrücklich seiner Sauberkeit rühmte, sieht sich höchst peinlichen Vorwürfen ausgesetzt. Erst wurde ein sehr dopingverdächtiger Testwert von Froome bekannt, nun stellte eine Sonderkommission des britischen Parlaments den Ritter Wiggins an den Pranger. Beide Fälle sind nicht hundertprozentig eindeutig. Sie führen vielmehr in die Doping-Grauzonen des Radsports. Dorthin also, wo ärztliche Atteste und Ausnahmegenehmigungen für leistungssteigernde Arzneimittel die Regularien bzw. Verbote außer Kraft setzen. Einmal mehr streiten sich da die Experten. Nur ist es dabei mehr als erstaunlich, wie viele Radsportler ausgerechnet unter Krankheiten (besonders Asthma) leiden, die Spitzenleistungen normalerweise alles andere als förderlich sind.

Es ist ja in den bereits für einigermaßen überwunden erklärten Krisenjahren viel diskutiert worden, ob sich die zwischenzeitlich ruinierte Glaubwürdigkeit dieser Ausdauersparte noch renovieren lasse. Die massiven Zweifel um Wiggins und Froome sind so gesehen nicht dazu angetan, den Radsport für wirklich rehabilitiert zu halten.

Artikel 1 von 11