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Schale im Osternest

von Redaktion

von hanna raif

München – Um zu unterstreichen, wie lange ein Ereignis zurückliegt, lohnt sich im Fußball oft der Blick auf Aufstellungen oder aber in abgelichtete Gesichter. Das Archiv der Meisterfeierlichkeiten des FC Bayern beinhaltet herrliche Bilder von damals, früher und zuletzt. Aber selbst jene mit jüngerem Belichtungsdatum wirken heute schon wie aus der Zeit gefallen.

Sucht man etwa nach dem entscheidenden Tag im Jahr 2014, findet man auf jedem Foto: Dante Bonfirm Costa. Der Brasilianer konnte gut feiern, das liegt ihm und seinen Landsmännern im Blut, zudem hat er mit dem FC Bayern drei Meisterschaften errungen und war Party-Stammgast. Die Quantität der Bilder aber, die an jenem 25. März 2014 im Berliner Olympiastadion von ihm aufgenommen wurden, rührte aus einem anderen Grund. Der Verteidiger nämlich hatte sich als Einziger bestens vorbereitet auf die Feierlichkeiten – und sich nach dem 3:1-Sieg in der Hauptstadt eine Papp-Meisterschale organisiert. Wenn man schon zwei Monate auf das Original warten muss, dann wenigstens eine Replik. Er gab sie den ganzen Abend nicht aus der Hand und brachte sie später ins Vereinsmuseum der Bayern. Randgeschichten einer Saison, die ähnlich spannend verlief wie die aktuelle.

Die Meister-Rechnung der Neuzeit hat spätestens seit dem Sieg in Freiburg Hochkonjunktur. Geredet wird seit Wochen, konkret geplant seit Sonntag. 20 Punkte Vorsprung und neun ausstehende Spiele sind es, bevor der FC Bayern am Samstag den Hamburger SV empfängt. Die Meister-Shirts müssen womöglich bedruckt sein, wenn die Mannschaft von Jupp Heynckes eine Woche später am Sonntagabend in Leipzig gastiert. Sollte einer der „Verfolger“ patzen, könnte dort der sechste Titel in Folge eingetütet werden. Gewinnen die anderen bis dahin auch, muss man sich noch bis nach der Länderspielpause – und zum Heimspiel gegen Dortmund – gedulden.

So oder so darf man davon ausgehen, dass einer der Klassiker – Schale im Osternest – in diesem Jahr eintreten wird. Und trotzdem wird die Meisterschaft im Schnelldurchgang den Bayern keinen neuen Rekord einbringen. Sollte es schon bei RB klappen, könnte man lediglich die Bestmarke aus dem Jahr 2014 einstellen. Auch damals, als Dante seinen Festtag erlebte, war rechnerisch am 27. Spieltag alles in trockenen Tüchern. Die Party in Berlin ging bis tief in die Nacht und erlebte ihren Höhepunkt, als der tiefenentspannte Pep Guardiola zum Song „Happy“ (Pharrell Williams) sang und tanzte.

In der Nacht von 18. auf 19. März – blöderweise ein Montag – müsste in München gefeiert werden. Die Reise zurück nach Hause ist noch für abends vorgesehen, schon um kurz vor 23 Uhr aber könnte das Team vom Flughafen aus durchstarten. Da am Tag darauf höchstens eine Reise zur Nationalmannschaft ansteht, könnte man es tatsächlich mal krachen lassen. Aber wie gesagt: Alles im Konjunktiv.

Sicher ist nur, dass die Bayern ohne Ausrutscher an Ostern sicher Meister wären. Die Begleitumstände am Samstag zwischen den Feiertagen – gegen Dortmund und vor allem in München – hätten ja was für sich. Zumal vier der letzten fünf vorgezogenen Meisterfeiern in der Ferne stattfanden. 2013 in Frankfurt, 2014 bekanntlich in Berlin, 2016 in Ingolstadt und im Vorjahr in Wolfsburg. Nur 2015 war ein 1:0 vor heimischem Publikum gegen die Hertha der vorentscheidende Sieg. Meister jedoch wurde man – weil Wolfsburg in Gladbach verlor – danach auf dem Sofa. Und da gab es leider keine Feier-Motive, die sich nachhaltig eingeprägt haben.

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