„Unser Weltcup – ein kleines Wunder“

von Redaktion

Gründungsvater Karlheinz Fäßler, 83, über das 20-jährige Jubiläum des Allgäuer FIS-Rennens in Ofterschwang

Ofterschwang – Wohl dem, der die Geschäfte rechtzeitig übergeben hat. Während Sohn Michael, 59, als OK-Chef alle Hände voll zu tun hat mit dem FIS-Weltcup in Ofterschwang, fühlt sich Karlheinz Fäßler, 83, nicht unwohl in der Rolle des Ehrenpräsidenten. Im familiengeführten Fünfsternehaus Sonnenalp herrscht Hochbetrieb, weil der Einzug von vier Ski-Nationalteams bevorsteht: Fäßler jr. kommt von einer Besprechung und ist sich nicht zu schade, in der Lobby einen Lampenschirm zurechtzurücken. Fäßler sen. dagegen stößt später hinzu, dafür mit umso besserer Laune. „Ich war eben noch eine Runde Ski fahren“, berichtet der Mann, der einst selber Rennläufer war, verhinderter Olympiastarter gar. Fäßler sagt, nachdem er den Wettkampfhang inspiziert hat: „Die Piste schaut gut aus, die Fangnetze stehen – die Mädels können kommen.“ Und dann erzählt der Senior-Chef, wie er sein „Baby“, den einzigen Ski-Weltcup des Allgäus, gegründet, groß gemacht – und in verantwortungsvolle Hände übergeben hat.

-Kitzbühel, St. Moritz, Cortina d’Ampezzo . . . Ofterschwang. Herr Fäßler, wie haben Sie es geschafft, eine bis dato nur regional bekannte 2000-Seelen-Gemeinde im Weltcup-Kalender zu verankern?

Das ist wirklich ein kleines Wunder (lächelt). Es war so: Der Skiclub Ofterschwang hatte Mitte der 90er-Jahre ein Europacup-Rennen durchzuführen – und hat das offensichtlich ganz gut gemacht. Sarah Lewis, die jetzige Generalsekretärin der FIS, war wie ich und einige andere Leute im Zielraum, sie hat dort beiläufig vom Hang geschwärmt, von der Organisation – und da sind Hanspeter Schratt (damals Vorsitzender des SC Ofterschwang/Red.) und ich hellhörig geworden. Wir haben diesen Ball dann gerne aufgenommen.

-Mit anderen Worten: Sie haben beschlossen, eine Bewerbung zu starten.

Richtig. Es war ja so, dass das Allgäu schon seit Jahren keinen Weltcup mehr hatte. Früher gab’s Pfronten, Oberstaufen – und plötzlich nichts mehr. In Oberstdorf gibt es Langlauf und grandiose Schanzen, aber wir fanden, dass das Allgäu auch für alpinen Wintersport steht und haben gesagt: Mein Gott, probieren wir’s halt mal. Und siehe da: Wir haben auf Anhieb den Zuschlag bekommen.

-1998 war das. Geplant war ein Frauen-Weltcup um den Dreikönigstag herum. Doch der fiel gleich mal dem ungünstigen Wetter zum Opfer.

Ja, das war wirklich ein Jammer. Alle Beteiligten hatten sich wahnsinnig Mühe gegeben und mit Riesenaufwand eine Organisation auf die Beine gestellt. Das lief ungefähr so: Du machst den Schatzmeister, du kümmerst dich um Sponsoren, du sorgst für das und das . . . 500 freiwillige Helfer wurden zusammengetrommelt, Schnee aus den benachbarten Tälern angekarrt. Alles war praktisch bereit – nur das Wetter hat einfach nicht mitgespielt.

-Und trotzdem haben Sie ein Jahr danach wieder die Chance bekommen.

Zum Glück, ja. Unsere Euphorie war weiterhin sehr hoch. Die Tür blieb offen – und so sind wir eben ein Jahr später durchmarschiert.

-Gleich mal mit einem Männer-Weltcup, den Stephan Eberharter zum Verdruss seines Erzrivalen Hermann Maier gewann.

Ja, das war ein spannendes Duell. Und auch für uns ein großer Erfolg. Alles ist gut über die Bühne gegangen – und ab da hatten wir im Zweijahres-Rhythmus Weltcuprennen vor der Haustür.

-Aus einer spontanen Idee ist ein etablierter Weltcup geworden. Hätten Sie das vor 20 Jahren für möglich gehalten?

Nein, niemals. Es war ja eine völlig neue Herausforderung für uns alle. Ich war damals auch Vorsitzender der Bergbahn-Gesellschaft und habe mitgeholfen, dass wir den Schlepplift durch eine Vierer-Sesselbahn ersetzen, die Beschneiung weiter ausbauen, Ausweichstrecken ausweisen. Auch die Nachbargemeinde Gunzesried hat wunderbar mitgezogen. Irgendwann hab ich das dann den Jungen übertragen und gesagt: Macht einfach so weiter – und es geht wirklich toll weiter.

-Kann man sagen, dass es diesen Weltcup ohne Sie niemals gegeben hätte?

Na, da waren schon mehr Leute am Werk. Hilfreich waren aber sicher die Kontakte, die ich von früher her hatte. In meiner Jugend, als 19-, 20-jähriger Bursche, war ich selbst Mitglied der Nationalmannschaft. Ich hätte auch bei den Olympischen Spielen in Cortina starten sollen (1956/d. Red.), bin dann aber leider krank geworden. Sehr bitter war das für mich, aber aus dieser Zeit kannte ich natürlich ganz viele Leute aus der Skiszene. Toni Sailer, gegen den ich damals gefahren bin, Hans-Peter Lanig, der 1960 Abfahrt-Silber holte . . . und viele mehr.

-Sie sind ja immer noch leidenschaftlicher Skifahrer. Würde es Sie reizen, mal so eine gut präparierte Eispiste hinabzubrettern?

Das überlasse ich lieber den Mädels. Ich würde da schon noch runterkommen. Aber halt nicht so schnell (lacht).

-Der Weltcup ist ja eng mit der von Ihrer Familie geführten Sonnenalp verbunden. Vier Nationen logieren am Wochenende unter Ihrem Dach, darunter das deutsche Team und das der USA. Gibt es eine Läuferin, die Sie über die Jahre speziell ins Herz geschlossen haben?

Wir fiebern mit allen Mädchen mit – vor allem natürlich mit den hiesigen. Leuchttürme gibt es ja immer wieder – wie die Viktoria Rebensburg, die hier auch vor einigen Jahren gewonnen hat (2012). Sie ist ja ein ganz nettes, bescheidenes Mädel.

-Die Rennläuferinnen scheinen den Hang zu mögen, haben Ofterschwang schon mehrfach zum Lieblingsweltcup gewählt.

Ich glaube, das liegt daran, dass hier alles etwas kleiner ist, familiärer, ohne das ganz große Halligalli. Die Mädels haben ja den ganzen Winter Trubel genug, und vielleicht wollen sie’s ja auch mal ein bisschen gemütlicher haben. Und: Der Hang ist wirklich gut. Aus meiner Sicht auch für Männer-Weltcups. Da fehlt nichts: Länge, Höhenunterschied, Beschneiung, Liftanlagen, Lage. Aber die Konkurrenz ist groß.

„Es wird richtig Pfeffer drin sein!“

-Müssen Sie um Ihren Weltcup kämpfen, nicht zuletzt wegen der neuen Konkurrenz in Osteuropa?

Du musst schon dranbleiben. Nicht zuletzt deswegen haben wir gesagt: Alle zwei Jahre reicht uns. Man darf die Helfer auch nicht überlasten.

-Dieses Jahr liegt der Termin ja besonders gut. Es ist der erste Weltcup nach Olympia – und der letzte vor dem Finale in Are.

Ja, besser geht’s nicht. Für die Zuschauer ist es eine Chance, die Olympia-Stars zu sehen – und für viele der Mädchen geht es ja noch darum, sich Hoffnungen zu erfüllen. Ich rechne damit, dass richtig Pfeffer drin sein wird.

Interview: Uli Kellner

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