München – Gleich neben dem Interviewraum des FC Bayern an der Säbener Straße liegt die Mitarbeiterkantine. Beide Bereiche sind durch eine Tür verbunden, und wenn es an den Esstischen mal etwas lauter zugeht, kriegt man das auch jenseits der Wand mit. Am Freitag um kurz nach Zwölf wurde es kurzzeitig richtig lebhaft. Weil im Medienbereich in diesem Moment die Übertragung von der Auslosung der Champions League-Viertelfinals zu sehen war, ließ sich die Ursache des Lärms zweifelsfrei benennen. Es war der FC Sevilla.
Sieben Gegner kamen für die Bayern in Betracht, nach allgemeiner Einschätzung zählte das Team aus dem Süden Spaniens neben dem AS Rom im Vorfeld zu den wenigen dankbaren Aufgaben. Weil die Römer gleich zu Beginn dem FC Barcelona zugeteilt worden waren, machte sich in München beim Stichwort Sevilla Anspannung breit. Leichter würde es nicht mehr werden.
Jupp Heynckes gehörte sicher nicht zu jenen Beobachtern, die auf das Los mit einem befreiten Aufschrei reagierten. Als Trainer ist es eine seiner wichtigsten Aufgaben, einen Gegner auf gar keinen Fall wie ein Leichtgewicht erscheinen zu lassen. „Ich teile die Euphorie nicht“, erklärte er folglich. Glaubt man ihm, dann war die spontane Reaktion der Mannschaft „so nüchtern, als wenn man ein Glas Bier getrunken hätte“. Vermutlich wollte er mit diesem Vergleich eine gewisse Beiläufigkeit zum Ausdruck bringen. Und keinen Rausch der Glückseligkeit.
Heynckes’ Argumentation steht stellvertretend für die aller Befragten im Bayern-Tross: Die drei Titel der Andalusier in der Europa League zwischen 2014 und 2016, der Achtelfinal-Erfolg gegen Manchester United, die Spielkultur, die Kulisse im Estadio Ramon Sanchez Pizjuan („nicht so laut wie in Istanbul, aber fast“), wo am 3. April das Hinspiel stattfinden wird. Kurz: „Für mich ein schwieriges Los.“
Unstrittig ist dennoch, dass es auch ganz anders hätte kommen können. Weder Real Madrid (gegen Juventus Turin) noch Manchester City (gegen den FC Liverpool), zwei der anerkannten Hochkaräter im Tableau, werden die Ziehung mit freudigen Gefühlen verfolgt haben. Anders als diese Klubs verbreitet der Tabellenfünfte der Primera Division nur einen überschaubaren Schrecken. Torwart Sven Ulreich bekam den Spagat zwischen unterdrückter Erleichterung und professioneller Wachsamkeit bestens hin, als er urteilte: „Vermeintlich ist das ein leichterer Gegner.“
Die Hürden auf dem Weg zum Finalort Kiew mögen zwar wieder etwas höher werden, doch auch im Viertelfinale steigt der Schwierigkeitsgrad nur moderat. Den Bayern soll es recht sein. Neuerdings wehren sie sich ja nicht mal mehr dagegen, wenn Parallelen zu 2013 und den drei großen Titeln gezogen werden. Heynckes, auch damals der Trainer, sprach kürzlich von der Hoffnung, „unsere Träume vielleicht wahr werden zu lassen“. Am Freitag fügte nun Thomas Müller hinzu: „Wir waren schon viel zu lange nicht mehr im Endspiel. Wir wollen das Ding gewinnen.“
Bezeichnenderweise ist beim Stichwort Sevilla niemandem eingefallen, darauf hinzuweisen, dass die Bayern seit dem Finalsieg vor fünf Jahren ausnahmslos an spanische Vereinen scheiterten (2014 und 2017 Real, 2015 Barcelona, 2016 Atletico Madrid). Verglichen mit ihnen ist der Viertelfinalgegner eine kleinere Hausnummer. „Es waren sicherlich Mannschaften im Topf, die hochkarätiger besetzt sind“, fand Thomas Müller. Unverblümt sprach er von einem „guten Los“. Immerhin freute er sich nur in Zimmerlautstärke.