München – Eine München-Geschichte aus dem Jahr, dem einen, in dem Pierre Pagé den EHC trainierte. Das war in der Saison 2013/14. Der schrullige Kanadier glaubte zu Saisonbeginn nach einem Testspielsieg über die russischen Größen von Metallurg Magnitogorsk, „dass wir die beste Mannschaft in Europa haben“. Er hielt an dieser These auch fest, als seine Truppe in der DEL-Hauptrunde nie richtig in die Gänge kam. Er glaubte an die Meisterschaft. Doch als am Neujahrstag 2014 die Adler Mannheim mit der Verpflichtung von Hans Zach überraschten, überkam Pagé die Panik. Zach war zwar 2010 in den Trainer-Ruhestand gegangen und dreieinhalb Jahre nicht mehr an der Bande gestanden – doch Kollege Pagé wusste, dass sich mit einem Schlag im Eishockey vieles verändern kann: „This guy knows how to win.“ Der Typ weiß, wie man gewinnt. Das wichtigste Wissen.
München und Mannheim trafen damals in den Playoffs nicht aufeinander, ein jeder schied im Viertelfinale aus, für beide Klubs war die Saison unterm Strich enttäuschend. Doch die Adler wurden im Jahr darauf (unter dem neuen Coach Geoff Ward) Deutscher Meister, der EHC München 2016 und 2017 – dirigiert von Pagés Nachfolger Don Jackson.
Mit dem EHC und den Adlern begegnen sich in der Viertelfinalserie 2018 zwei Teams mit unterschiedlichsten Saisonverläufen. Die Münchner gestatteten sich – von drei Niederlagen nacheinander abgesehen – keine Krise. Bei den Mannheimern indes krachte es richtig – was jedoch auch zur Folge hatte: Die Adler haben das Gewinnen wieder gelernt.
Das Geschehen im Zeitraffer: Am 4. Dezember wurden Trainer Sean Simpson und Manager Teal Fowler gefeuert. Der neue Mann, geholt bis Saisonende: Bill Stewart. Verrückte Geschichte: Stewart, Kanadier, hatte seine beste Zeit als Trainer in Mannheim gehabt – vor 17 Jahren. Danach gingen ihm die Erfolge aus. Voriges Jahr tauchte er in der DEL2 bei Dresden wieder auf, zu Saisonbeginn 2017 in Straubing, das sich nach wenigen Wochen als desillusionierter Tabellenletzter von Stewart trennte. Er hatte davon geträumt, mit Straubing noch einmal in Mannheim coachen zu dürfen – der Wunsch wurde ihm nicht erfüllt. Dafür ergab es sich so, dass er die Adler nun ständig coacht.
Einige Zeit sah es so aus, als würde Stewart erneut scheitern: sieben Niederlagen in den ersten acht Spielen (oder weitergerechnet: neun aus elf). Zwischenzeitlih fiel Mannheim aus den Pre-Playoff-Rängen. Ab dem 46. von 52 Spieltagen fingen sich die Adler. Verloren haben sie nach der Olympiapause nur ein Playoff-Spiel – in Ingolstadt, in der Verlängerung. Stewart war da aber ganz entspannt: „Wir haben dreimal einen Rückstand aufgeholt, damit bin ich zufrieden.“ Im nächsten Spiel machte man die Serie zu. Halbfinale!
Nach München stellt Mannheim die meisten Olympiateilnehmer: Torwart Endras, Verteidiger Akdag, die Stürmer Marcel Goc, David Wolf, Marcus Kink, Matthias Plachta. Im US-Team stand Chad Kolarik. Der Kader spielt nun seinen Möglichkeiten entsprechend.
Die vier Punktspiele gegen München verlor Mannheim allesamt: 2:4, 1:4, 1:4, 1:3. Aber: Es ist jetzt eine andere Mannschaft, beflügelt con Olympia, spürbar im Aufschwung. Sie hat das Wissen wiedergefunden, wie man gewinnt.