Das Münchner Geheimnis: „Eine loyale Mannschaft“

von Redaktion

EHC-Finaleinzug gegen Berlin: Für Adler-Trainer Stewart Folge von Management-Kontinuität – Mannheimer Fans sorgen für Polizeieinsatz

Von Günter Klein

München – Die Fans der Adler Mannheim verabschiedeten sich singend aus den Playoffs. Lange noch verharrten sie am Freitagabend in ihrem Block in der Münchner Olympia-Eishalle, forderten die teilentkleidete Mannschaft immer wieder aufs Eis und gingen ihr gesamtes Lied- und Sprechchöre-Repertoire durch. Es wirkte, als hätten sie das Aus im Halbfinale durch eine finale 0:5-Niederlage zum Serienendstand von 1:4 gut verkraftet. Und als wären die Kriegshandlungen mit München eingestellt.

Doch irgendwann mussten die Mannheimer gehen, und es kam doch noch zu einer nächtlichen Konfrontation. Der EHC München hatte auf dem Vorplatz des Stadions die Kassen geöffnet, um bereits eine Kaufmöglichkeit für die Finaltickets (Serie beginnt am Freitag – und seit Sonntag weiß man: Sie geht gegen Berlin, das in Nürnberg 3:2 gewann) zu schaffen; um die 90 Münchner standen dort an. Ein Augenzeuge (Name der Redaktion bekannt) schilderte die folgenden Szenen so: „Ich wurde von mehreren Mannheimern angespuckt. Es wurde versucht, nach meinem Sohn zu hauen.“ Becher flogen, einer traf eine Frau an der Nase, sie musste von Sanitätern verpflastert werden. Die Polizei schritt ein, leitete den Mannheimer Tross ab.

Gesungen hatten die Adler-Anhänger noch „Pinizzottos Baby ist von David Wolf“. Eine letzte Aufarbeitung der hitzigen Serie, die mit einem brutalen Check des Münchners Pinizzotto gegen den Mannheimer Matthias Plachta begonnen hatte. Pinizzotto wurde von der Liga für fünf Spiele gesperrt, Plachta kehrte nach einem Spiel Pause aufs Eis zurück und war fortan die Negativfigur für die Münchner Seite. Zumal er mit zwei Stockschlägen im vierten Spiel selbst zum Täter wurde und EHC-Verteidiger Lauridsen den Finger brach.

David Wolf, der Mann aus dem Pinizzotto-Gesang, gehörte zu den Mannheimern, die für die Physis des Halbfinales standen. EHC-Trainer Don Jackson fand, dass es die körperlich forderndste Playoff-Serie in seinen vier Münchner Jahren war. „Zu viele Crosschecks, zu viel Schlägereinsatz“, reklamierte er immer noch, und Stürmer Patrick Hager meinte: „Wir sind diszipliniert geblieben und haben uns von den Aktionen der Mannheimer und dem, was sie in den Spielunterbrechungen so alles gesagt haben, nicht einschüchtern lassen.“

Versöhnlich klang Bill Stewart, der unter der Saison in Mannheim eingesprungene Coach für – er hat die Rechnung am Freitagabend abgeschlossen – „122 Tage“. Als Mitfavorit gestartet, waren die Adler abgestürzt, vor einigen Wochen standen sie auf Platz 12. „Substanz und ein Fundament sind vorhanden, die Mannschaft hat wieder herausgefunden, wie man gewinnt“, sagte Stewart, der der neuen großen Lösung Pavel Gross (Wolfsburg) weichen muss. Was München den Adlern voraus habe: „Kontinuität. Und die beginnt an der Spitze. Da ziehe ich meinen Hut vor Don Jackson und Christian Winkler.“ Trainer und Manager des EHC. Sie hätten eine Charaktertruppe gebaut, so Stewart: „Mit Spielern wie Jason Jaffray, Michael Wolf, Keith Aucoin. Sie müssen nicht immer auf der Scorertafel auftauchen, aber sie sind in der Kabine wichtig.“

Auch Patrick Hager, zu Beginn dieser Saison von Köln gekommen, findet: „Das Management macht einen guten Job, es hat die richtigen Charaktere hergeholt.“ Der nun heimatnah spielende Rosenheimer weiter: „Erfolgreiche Mannschaften sind immer loyal zueinander.“ Auch wenn man mal ein Drittel verbockt hat wie im vierten Spiel das erste (0:2): „Dann schießen wir eben das nächste Tor und sind wieder dabei.“

Darum: „Für jeden Gegner dürfte es schwer sein, uns viermal zu schlagen.“ Was nun die große Herausforderung für die Eisbären Berlin sein wird.

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