Hamburg – Der Hamburger SV lebt doch noch – und wie! Mit mutigem Offensivfußball überzeugt die stark verjüngte Mannschaft von Trainer-Newcomer Christian Titz die Klub-Anhänger. Und plötzlich ist in Hamburg die Hoffnung zurück. „Wir haben noch den Glauben daran, dass wir zurückkommen können“, sagte Titz nach dem couragierten 3:2 (1:1) gegen Schalke 04. Als nun 17. hat der HSV allerdings immer noch fünf Punkte Rückstand auf den Relegationsrang. Fünf Spieltage stehen noch aus.
Auch vom Gegner gab es Lob für den eigentlich längst abgeschriebenen Bundesliga-Dino: „Der HSV hat eine leidenschaftliche Leistung gezeigt“, sagte Torschütze Guido Burgstaller. Nationalspieler Leon Goretzka stellte fest: „Seit dem Trainerwechsel ist ein Ruck durch die Mannschaft gegangen, das haben wir zu spüren bekommen.“
Ohne Rücksicht auf große Namen oder fallende Marktwerte stellt Titz konsequent nach Leistung auf. Er hat es geschafft, die lähmende Ängstlichkeit des Abstiegskampfes aus den Köpfen seiner Kicker zu bekommen. „Mit ihm als Rückrunden-Trainer hätte der HSV den einen oder anderen Punkt mehr“, behauptete Sky-Experte Lothar Matthäus.
Titz hatte nach dem Sieg gegen Schalke ein Dauerlächeln auf den Lippen. „Es war eine extreme Achterbahnfahrt, aber nach dem Sonntagsschuss von Hunt haben wir den Sieg verdient“, sagte der 47-jährige Coach.
Aaron Hunt sicherte den ersten Erfolg im dritten Spiel unter Titz mit einem satten Weitschuss (84.) – und der Volkspark bebte. „Immer 1. Liga“ hallte es aus der Nordkurve. Zuvor hatten Filip Kostic (17.) und Lewis Holtby (52.) für den HSV getroffen. „Die Art und Weise, wie wir Fußball spielen, tut allen richtig gut. Wir kloppen nicht das Ding nach vorn, wir haben Ballbesitz – das ist attraktiver Fußball“, meinte Holtby, der vor Titz’ Amtsantritt schon ausgemustert war. „Es ist in dieser Saison das erste Mal, dass wir richtig Fußball spielen. Der Trainer hat einen großen Anteil daran“, lobte Hunt.
Titz und Holtby herzten sich besonders lang nach dem ersten Sieg seit 132 Tagen. „Wir wollen das Spiel in Hoffenheim gewinnen, wollen das Unmögliche möglich machen. Wenn wir als Team zusammenstehen und mutig Fußball spielen, können wir es schaffen“, betonte Holtby. „Wir sind der HSV.“
Zwei Relegationen meisterten die Hanseaten einst – aber dieses Mal würde es wirklich einem kleinen Wunder gleichen, wenn es nach einer schwachen Saison noch zum Happy End reichen würde. „Es hat sich nichts geändert, wir glauben an uns und geben nicht auf, werden aber nicht in Euphorie verfallen“, betonte Titz, der in Hoffenheim auf den gelb-gesperrten Verteidiger Kyriakos Papadopoulos verzichten muss.
Während der HSV auftrumpfte, ließen die Schalker defensiv vieles vermissen und mussten sich erstmals seit acht Wochen geschlagen geben. Tedesco bemängelte die fehlende Körpersprache seines Teams und war dafür umso mehr angetan vom Hamburger SV. Besonders der emsige japanische Flügelspieler Tatsuya Ito gefiel ihm: „Den Jungen haben wir nicht greifen können, aber es war nicht so, dass wir es vorher nicht wussten.“ Der niederländische HSV-Innenverteidiger Rick van Drongelen meinte über den 20-Jährigen sogar: „Das war wie Messi, Lionel Ito.“