Valencia – Zwei Punkte fehlten Philipp Kohlschreiber und der deutschen Mannschaft gestern Abend in Valencia zu einem ganz großen Sieg im Davis Cup. Doch am Ende jubelten die Spanier mit David Ferrer, der nach seinem Sieg in fast fünf Stunden (7:6, 3:6, 7:6, 4:6, 7:5) mit Tränen in den Augen im Sand lag. Das sei der größte Tag seiner Karriere, meinte der älteste Mann der Spanier, als er sich halbwegs erholt hatte, und es gab niemanden, der das nicht verstanden hätte.
Der ganze Jubel galt diesem stillen, leisen Mann, und in diesen Momenten nicht Rafael Nadal, doch der hatte mit seinem Sieg zuvor gegen Alexander Zverev (6:1, 6:4, 6:4) Ferrers Sternstunde erst möglich gemacht. Für die Spanier war es selbst in ihrer an Erfolgen reichen jüngeren Geschichte ein Sonnentag. Zuerst feierten sie den Sieg von Nadal, der wie beim Erfolg am Freitag gegen Kohlschreiber nicht zu stoppen war.
Zverev meinte hinterher zur Frage, ob er dem Gegner zwei Monate Verletzungspause angemerkt habe: „Null. Für mich hat er von Grundlinie vielleicht noch besser gespielt als Ende letzten Jahres.“ Er selbst tat sich im ersten Satz schwer, in Gang zu kommen, im zweiten spielte er bisweilen auf Augenhöhe, im dritten holte er noch mal auf nach einem klaren Rückstand zu Beginn, aber alles in allem war er nicht frisch genug, um Nadal stärker zu fordern. „Mann, ich bin einfach müde“, sagte er. „Ich bin kein Roboter. Ich bin aus Miami gekommen, hatte keinen Tag Pause. Spiele gegen Nadal. In Spanien. Auf Sand. Es gab keine Chance, dass ich heute mein bestes Tennis spielen würde. Mit der Niederlage kann ich leben.“
Aber Nadal war nicht nur auf dem Platz der geliebte, leidenschaftliche Matador, sein Beitrag war auch auf der spanischen Bank unbezahlbar. Wie er mitlitt, anfeuerte – das verband sich zu einer hinreißenden Mixtur. Am Ende erlebte er wie der Rest der atemlosen Fans in der Stierkampfarena das volle Drama, fünf Sätze zwischen Kohlschreiber und Ferrer. Das Spiel begann und endete im Sonnenschein, zwischendurch regnete es, Donner grollte, im fünften Satz fegte Wind über den Platz; es war aller Ehren wert, wie die beiden unter den Bedingungen spielten. Wer weiß, wie es ausgegangen wäre, hätte Kohlschreiber den dritten Satz gewonnen, Chancen hatte er jedenfalls. Doch Ferrer ließ sich nicht abschütteln, erlief Bälle, die nicht viele erwischt hätten und gefährdete die Gesundheit seiner Frau, die auf der Tribüne saß und in Kürze die Geburt des ersten gemeinsamen Kindes erwartet. Zweimal fehlten Kohlschreiber beim Stand von 5:4 nur noch zwei Punkte zum Sieg, aber Ferrer stand immer wieder auf, rannte von einer Ecke des Platzes in die andere und sah weiß Gott nicht aus wie einer, der die besten Tage seiner Karriere schon hinter sich hat.
Wie es ihm danach ging? „Das ist hart“, sagte Kohlschreiber und atmete ganz tief durch. Die Enttäuschung wog in der deutschen Mannschaft verständlicherweise schwer. „Wir sind ja nicht gekommen, um die Atmosphäre zu genießen“, hatte Kapitän Michael Kohlmann gesagt, „wir wollen das Ding gewinnen.“ Die 2:1-Führung nach dem bemerkenswerten Sieg des Doppels Tim Pütz und Jan-Lennard Struff in fünf spannungsreichen Sätzen gegen Marc López und Féliciano López hatte Hoffnung gemacht, obwohl Kohlmann auch danach festgestellt hatte: „Auch wenn wir jetzt führen sind wir immer noch Außenseiter.“
Am Ende blieb ihm die Erkenntnis, eine sehr gute Truppe zu haben, mit der er Spanien fast in die Niederlage geführt hätte. „Wir haben gezeigt, dass wir uns vor solchen Nationen nicht verstecken müssen“, sagte er zum Abschied. Sicher nicht. Aber in diesem Jahr ist das Thema Davis Cup für die deutsche Mannschaft erledigt, und ob es danach noch einen Davis Cup in der Form geben wird, die am Wochenende in Valencia alle begeisterte, das wird man sehen.