Fuschl am See gegen Los Angeles

von Redaktion

Von Günter Klein

Die Organisationen

Um die Deutsche Meisterschaft spielen genau genommen Österreicher und Amerikaner. Hinter dem EHC München steht der Red-Bull-Konzern aus Fuschl am See im Salzburger Land. Die Eisbären Berlin gehören zur Anschutz Entertainment Group (AEG), die in München von 1999 bis 2002 mit dem Projekt Barons aktiv war.

Die AEG betreibt Sportbusiness, das Teil einer Verwertungskette mit dem Betrieb von Hallen und Spielstätten ist. Ihr gehören im Eishockey neben Berlin Teile der Los Angeles Kings (NHL) und von Djurgarden Stockholm (Schweden), im Basketball ist Anschutz Teilhaber der Los Angeles Lakers, im Fußball bringt er sich bei Los Angeles Galaxy ein. Red Bull betreibt über den Sport Marketing für seinen Energy Drink, unterhält eigene Wettbewerbe (Crashed Ice, Air Race, Cliff Diving), Klubs im Fußball und Eishockey und sponsert Einzelsportler.

Phil Anschutz ist in Berlin seit 1999 im Boot. Den letzten Meistertitel gab es 2013 zu feiern, die Jahre danach verliefen unerfreulich. 2017 forderte der Eigner schließlich, dass die Eisbären fortan wieder ein Spitzenklub zu sein hätten. Anschutz setzte daraufhin den Ex-NHL-Star Luc Robitaille als Aufsichtsratsvorsitzenden für Berlin ein. Los Angeles hat somit direkten Zugriff auf das Tagesgeschäft der Eisbären.

Die Mannschaften

Über den EHC München wird immer gesagt: Tiefe bis in die vierte Reihe, Bei welchem Klub sonst müsste ein Center von der Klasse Jon Matsumotos (kanadischer Nationalspieler) so weit hinten im „Roster“ dienen? Der EHC ist mit Deutschen so gut ausgestattet (sieben Silbermedaillengewinner), dass er es sich leisten kann, mit nur sieben statt der erlaubten neun Importspieler anzutreten.

Berlin kann mit Jonas Müller, Frank Hördler und Marcel Noebels drei Olympia-Stars aufbieten, lebt aber vor allem von starken Ausländern: Louis-Marc Aubry und Nick Petersen scoren in den Playoffs auf, Sean Backman hat noch nicht die Effizienz aus der Hauptrunde erlangt. Torhüter Petri Vehanen, ein Finne, ist bereits 40 Jahre alt.

Münchens Trainer Don Jackson sieht in Berlin den „spielstärksten Gegner“, zuletzt im Halbfinale in Nürnberg trat Berlin aber auch mit dem Element Härte auf (Sheppard, Backman).

Querverbindungen

Don Jackson, Coach des EHC München, ist in Berlin eine Legende – mit fünf Meisterschaften aus sechs Jahren (2007 bis 13). An dreien war Mads Christensen, nun EHC-Stürmer, beteiligt.

Seit dieser Saison für die Eisbären verteidigt Danny Richmond, der 2013/14, im einzigen erfolglosen Don-Jackson-Jahr, in München gespielt hatte. Ein weiterer Ex-EHCler in Berlin: Martin Buchwieser, ehemals Publikumsschatzi am Oberwiesenfeld. 2010 gehörte er zum Aufstiegsteam, 2013 ging er, der EHC war ihm sportlich zu klein geworden.

Zur bayerischen Fraktion in Berlin zählen auch der Weilheimer Thomas Oppenheimer (bekannt als Freund von Fußballer Thomas Müller) und der – verletzte – Miesbacher Florian Busch.

Die Trainer

Die Parallele: Als Spieler waren Don Jackson wie Uwe Krupp Verteidiger, beide gewannen sie zweimal den Stanley-Cup, Jackson in den 80ern mit den Edmonton Oilers, Krupp 1996 mit Colorado Avalanche (da war er sogar der Siegtorschütze im entscheidenden Spiel) und 2002 mit den Detroit Red Wings (aber nicht mehr in tragender Rolle). Jackson arbeitete sich über Assistenzjobs in der NHL nach Europa, Uwe Krupp stieg im DEB-Nachwuchs ein, 2005 übernahm er das Bundestraineramt, blieb bis 2011, erreichte bei der Heim-WM 2010 Platz vier – eine Sensation. Mit den Kölner Haien, seinem Herzensklub, verpasste er 2013 gegen Berlin und gegen Ingolstadt 2014 die Deutsche Meisterschaft und wurde in der folgenden Saison entlassen. Im Dezember 2014 übernahm er die Eisbären Berlin. Kritische Saison 2016/17, erst in dieser haben die Berliner den Schritt zur Spitzenmannschaft gemacht. Krupp, in den Playoffs sehr angespannt, wirkte nach dem in Nürnberg realisierten Finaleinzug locker – und von der Chance überzeugt: „München hat auch Schwächen.“

Die Psychologie

In drei Jahren hat der EHC München von 38 Playoff-Partien 32 gewonnen und nie mehr als eine Niederlage pro Serie hinnehmen müssen. Selbstvertrauen: maximal. Die Mannschaft weiß, dass sie mit spielerischen Mitteln jeden Gegner in Deutschland beherrschen kann. Allerdings spürte der EHC im heurigen Halbfinale gegen Mannheim stärkeren Widerstand und hatte auch gegen Bremerhaven im Viertelfinale fahrige Momente.

Berlin ist an knappe Spiele gewöhnt (Uwe Krupp: „Gegen Nürnberg waren es mal 16:15 Chancen für uns, dann 17:16 für den Gegner“) und war in den Schlussminuten oft wackelig.

Die Fans

Alte kleine Halle in München (für 6142 Zuschauer) gegen moderne Arena in Berlin (14 200) – beide stimmungsvoll.

Bei den Eisbären vermengen sich Fans vom alten Schlag, die immer noch ihr an die Ost-Wurzeln erinnerndes „Dy-na-mo“ anstimmen, mit Eventpublikum. Ein Hingucker sind bei Eisbären-Heimspielen die drei (manchmal mehr) „Blue Suit Men“, eine internationale Truppe in markanten Anzügen mit einem australischen Anführer, die ihre Plätze hinter der Strafbank des Gegners haben. Und dort gerne mal mit „Trash Talk“ provozieren.

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