Acht furiose Minuten

von Redaktion

Die Bayern-Basketballer drehen in Frankfurt einen 18-Punkte-Rückstand – auch weil ein Bankspieler auftrumpft

von christopher meltzer

München/Frankfurt – Dejan Radonjic lehnte sich mit einer Hand locker an der Werbebande an, die andere hatte er in die Hüfte gestemmt. Der Basketballtrainer des FC Bayern befürchtete in diesem Moment wohl, auf seine erste Niederlage im neuen Amt zuzusteuern. Denn als Maik Zirbes vor seinen Augen einen Ball leichtfertig vertändelte und Jordan Sibert den Vorsprung Frankfurts Anfang des vierten Viertels auf 18 Punkte erhöhte, schimpfte Radonjic nicht, sondern verschränkte einfach die Arme.

Wenig später tänzelte der Montenegriner dann aber euphorisiert die Seitenlinie entlang. Er jubelte Stefan Jovic zu, seinem Spielmacher, der mit einem Dreipunktewurf ein erstaunliches Comeback vollendet hatte. In den finalen acht Minuten des Spiels hatten die Bayern in Frankfurt den großen Rückstand gedreht – und auch das dritte Spiel unter Radonjic mit einem Sieg abgeschlossen. Der 87:83 (37:41)-Erfolg am Sonntag festigte neben dem bayerischen Selbstvertrauen vor allem die Tabellenführung. Hätte München nämlich in Frankfurt verloren, wäre Alba Berlin an die Spitze vorgestoßen.

Nun darf die spektakuläre Aufholjagd aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bayern mehr als 30 Minuten enttäuschten. Es finden sich allerdings auch Umstände, die das erklären. In der vergangenen Woche hatte Randonjic „länger und intensiver“ etwa trainieren lassen, wie Nationalspieler Danilo Barthel bei „Telekomsport“ berichtete. Während die Bayern in der eigenen Halle schufteten, gönnten sich die Frankfurter ein Kurztrainingslager auf Mallorca. Natürlich trainierten sie dort, es verbreiteten sich aber auch Bilder, die die Basketballer beim Rafting zeigten. Vielleicht waren sie am Sonntag etwas frischer.

Im Duell mit dem Tabellenersten führten die Frankfurter aber vor, dass sie gute Einzelspieler in ihren Reihen haben. Der Kanadier Phil Scrubb, der Topscorer der Liga (19,3 Punkte pro Partie), kam auf 23 Zähler, einmal traf er einen Dreipunkte wurf aus dem Einbeinstand. Der Neuseeländer Tai Webster erzielte sogar 32 Punkte. Besonders aus der Distanz bewiesen die beiden Zielsicherheit.

Dass Scrubb und Webster sich derart in Szene setzen konnten, müssen sich die Bayern aber selbst ankreiden. Immer wieder schlichen sich Abstimmungsfehler in ihre Abwehr ein. „In der Verteidigung waren wir etwas schwerfällig“, gab Braydon Hobbs hinterher zu. Es war der US-Profi, der die Münchner Aufholjagd angeführt hatte. Vielleicht spielte er mit etwas Wut im Bauch. Es hatte mehr als 25 Minuten gedauert, ehe Radonjic ihn das erste Mal aufs Feld schickte. Dort dirigierte er das Bayern-Spiel in den finalen Minuten, jagte gleich zwei wichtige Dreier durch den Ring – und wehrte sich auf seine Art gegen die Kürzung seiner Einsatzzeit, die Radonjic zuletzt vorgenommen hatte.

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