Der Wegweiser am Main

von Redaktion

Bobic hatte im Zuge des Abschieds von Kovac einen Auftritt als Wüterich, doch in Wahrheit etabliert er sich als Frankfurter Weichensteller

VON ANDREAS WERNER

München – Die Aussprache fand unter Rahmenbedingungen statt, die dem Geschmack der handelnden Figuren passten: unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Bei der Managertagung, zu der die Sportchefs aus der ganzen Bundesliga angereist waren, sind die Herren traditionell unter sich.

Man lässt sich nicht gerne von den bösen Medien auf die Finger schauen. So kann man nun glauben oder nicht, dass alles gesittet zugegangen ist, als sich Fredi Bobic und Hasan Salihamidzic am Montag erstmals seit der feindlichen Übernahme von Trainer Niko Kovac trafen. Der Sportchef von Eintracht Frankfurt und sein Münchner Pendant frühstückten vor der Tagung gemeinsam, und am Ende fuhr Bobic seinen Kollegen vom FC Bayern sogar zum Flughafen. Das sei Ehrensache, sagte er, er habe ja Heimrecht. Vielleicht wollte er Salihamidzic nur schnell aus der Stadt haben. Oder sichergehen, dass er nicht auch noch ein paar Spieler mitgehen lässt.

Fredi Bobic als ortskundiger Chauffeur, das wäre vor einigen Jahren noch ein ebenso griffiges wie stimmiges Bild gewesen. Aber der 46-Jährige hat sich inzwischen zu einem entwickelt, der zwar das Steuer in der Hand hat, dabei aber selber bestimmt, wo es langgeht. Als er im Juni 2016 die Stelle bei Eintracht Frankfurt angetreten hatte, waren ihm die Herzen der Hessen keineswegs zugeflogen. Vier Jahre hatte er sich als Funktionär beim VfB Stuttgart versucht, im Großen und Ganzen eher glücklos. Im Umfeld herrschte Skepsis, zumal der ehemalige Nationalspieler in seiner Karriere zwar für viele Vereine gestürmt war, in Frankfurt aber nie Station gemacht hatte. Warum sollte ausgerechnet er hier heimisch werden?

Dass Bobic am Montag Salihamidzic aus der Stadt befördert hat, ist heute eher so zu bewerten, dass er sich am Main zu einem ortskundigen Wegweiser entwickelt hat. Er hatte letzte Woche im Zuge des Abschieds von Kovac zu den Bayern zwar einen medienwirksamen Auftritt als Wüterich, doch in Wahrheit hat er sich als Weichensteller etabliert. Er kennt sich nun in der Bankenmetropole aus, schiebt vieles an wie etwa das Stadion-Projekt oder PR-Reisen in die USA und ist auf einem guten Weg, die alten Strukturen des Traditionsklubs aufzubrechen. Dass die Eintracht heute im Pokal-Halbfinale gegen Schalke die Chance hat, zum zweiten Mal binnen zwölf Monaten das Endspiel zu erreichen und zudem kommende Saison für die Europa League planen kann, ist auch sein Verdienst. Umso ärgerlicher, dass ihm in Kovac eine Säule wegbricht.

Bobic wird von Wegbegleitern der Eintracht als eine vorwärtsgewandte Person beschrieben. Dass das nicht immer so war, belegt eine Anekdote, die er selber immer mal gerne zum Besten gibt. Was man nicht glauben möchte, wenn man ihn zum Beispiel sauertöpfisch wie am letzten Freitag über den FC Bayern herziehen sieht: Der Mann ist ein begnadeter Geschichtenerzähler und Genussmensch. Die Anekdote stammt von der EM 2004 in Portugal. Bobic spielte nachts auf seinem Hotelzimmer Karten, mit gestandenen Nationalteamkollegen. Als er einmal über den Gang schlenderte, schaute er auch bei Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski rein. Die Teenager, die das erste Mal dabei waren, spielten Playstation und tranken Apfelschorle. Mit so angepassten Typen holt man die EM nie, dachten sich die Arrivierten nach dieser Beobachtung. Jahre später, längst hatte es einen Generationswechsel gegeben, belehrten sie die alten Kameraden dann eines Besseren.

Bobic hat auf all seinen Stationen gelernt, sogar von „Schweini und Poldi“. Auch die Sache mit Kovac wird er abschütteln, obwohl er schon zerknirscht ist („das Verhältnis zu Niko ist jetzt vielleicht ein bisschen getrübt“). Nach dem 1:4 gegen Leverkusen am Samstag witzelte Bobic schon wieder: „Wir müssen ja nicht gleich rumheulen. Mir kommt es vor, als bräuchten wir Taschentücher.“ Ach, höchstens zum Winken, wenn Salihamidzic in den Flieger steigt.

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