Ein Hauch von Triple

von Redaktion

Torschütze, Mittelfeld-Chef: Neben der Offensivabteilung nährt Javi Martinez beim FC Bayern die Hoffnung auf mehr

von hanna raif

Leverkusen – Als in Leverkusen gestern Abend 15 Minuten gespielt waren, passierte etwas, das nicht häufig passiert. Javi Martinez kam bei einer seiner Rettungsaktionen für den Bruchteil einer Sekunde zu spät, traf Charles Aranguiz, es ertönte ein Pfiff, Freistoß. In diesen Momenten nach Grätschen sieht der Spanier im Trikot des FC Bayern immer besonders lustig aus, er rappelt sich meist auf wie bei einem verspäteten Weckruf am Morgen – raus aus den Federn, schnell aufstehen und losrennen. Er machte das auch diesmal so, obwohl das Pokal-Halbfinale ja kurz unterbrochen war. Als er im Strafraum ankam, wurde er Zeuge des zwischenzeitlichen 1:2 durch Lars Bender. Gegen den Anschlusstreffer konnte er nichts machen.

Auch gestern wieder „Mister Überall“

Wenn man streng ist, kann man sagen: Martinez war Schuld daran, dass dieser ruhende Ball von Julian Brandt überhaupt getreten werden konnte. Wenn man aber auch die 89 Minuten rund um diese Szene betrachtet, hat der 29-Jährige deutlich mehr zum Bayern-Spiel beigetragen als Fehler verschuldet. Eher als diese Szene blieb unter anderem jene aus der zweiten Minute im Gedächtnis, in dem er die erste Chance der Bayern nach einer Rettungstat von Bernd Leno nutzte und aus rund 17 Metern Entfernung abzog – Robert Lewandowski fälschte noch leicht zum 1:0 ab, später wurde der Treffer sogar dem Polen zugesprochen.

Dass Leverkusen ein gutes Pflaster für Martinez ist, hatte sich schon zum Start in die Rückrunde abgezeichnet. Auch da, beim 3:1 der Münchner, machte er das 1:0. Ein Treffer, der so viel mehr war als der erste des Fußballjahres, in dem der Mannschaft von Jupp Heynckes Großes gelingen soll. Er war eine leise Andeutung, dass der Mann, auf den es bei den Heynckes-Bayern ankommt wie auf kaum einen Zweiten, unter dem alten und neuen Trainer zurück zu alter Stärke gefunden hat. Die Versetzung aus der Innenverteidigung ins defensive Mittelfeld tat allen gut: Ihm selbst – und damit dem ganzen Team. Ein Martinez in Topform kommt einem Hauch von Triple-Versprechen gleich.

Auch gestern Abend in Leverkusen war er der „Mister überall“ des FC Bayern. Im Aufbauspiel suchte er eher den Weg zum Tor als die beiden Innenverteidiger Boateng und Hummels, bei Standards tauchte er stets in der Gefahrenzone auf, schon kurz vor der Pause war er nah dran am 3:1. Schaltete Leverkusen nach Ballgewinnen um (auch Martinez selbst verlor mal einen), rannte er schnellstens nach hinten – wenn er nicht schon im Mittelfeld der entscheidenden Zweikampf gewonnen hatte. Fehlpässe spielte er kaum, ein paar mehr als im Champions League-Finale 2013 (null) zwar – aber noch sind ja auch ein paar Wochen Zeit, das Versprechen einzulösen. Sicher ist: Einen Weckruf braucht dieser Mann nicht. Er sieht zwar nicht immer so aus – aber er ist hellwach.

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