Leverkusen – Jupp Heynckes ist ein Fachmann, das steht außer Frage, doch am Tag vor dem DFB-Pokal-Halbfinale des FC Bayern in Leverkusen hat der Münchner Chefcoach das noch einmal mit einer Prophezeiung bewiesen: Das Spiel am Rhein werde „ein Leckerbissen“, sagte er bei seiner Vorab-Analyse. Seine Bayern blieben da nichts schuldig. Sie verputzten den Leckerbissen Leverkusen mit Genuss. Bei ihrem 6:2-Sieg waren sie so gut in Schuss, in dieser Form können sie sich Real Madrid entgegenstellen. „Wir waren wahnsinnig motiviert und fokussiert“, sagte Heynckes nach Abpfiff, „wir sind gut drauf und spielen ein sehr gutes Positionsspiel. Das macht uns so gefährlich.“
Die Fans des FC Bayern hatten bereits nach neun Minuten vom Finale gesungen. Ihre Mannschaft nährte früh den Optimismus, nach einem Jahr Abstinenz wieder nach Berlin fahren zu können. Die Gäste aus München legten gestern Abend los, als würden sie direkt vom Rhein an die Spree durchstarten können. JRobert Lewandowski traf nach drei Minuten ins Leverkusener Gehäuse, nach neun Minuten erhöhte er auf 2:0 – die Werkself, die in der Bundesliga zuletzt zwei Mal in Serie spektakulär 4:1 gewonnen hatte, schien früh entzaubert zu werden. Und tatsächlich ging es im Lauf des Abends auch rasant bergab für die Hausherren. Nur zwischenzeitlich verstummten die Gesänge der „Roten“.
Lars Bender gelang nach 16 Minuten der Anschlusstreffer, damit war Leverkusen wieder angemeldet im Wettstreit um das Ticket für Berlin. Im Verlauf entwickelte sich eine sehr flotte Partie, und die Platzherren zeigten in der ersten Halbzeit, warum Jupp Heynckes am Tag zuvor so aufrichtig geschwärmt hatte, dass da eine Mannschaft heranwachse, die in den nächsten Jahren sogar mal wieder ernsthafte Ambitionen im Meisterrennen hegen könne.
Allerdings erstickten die Bayern nach dem Wiederanpfiff die Leverkusener vollends. Thomas Müller, bis dahin zwar emsig, aber selten in entscheidenden Momenten zu sehen, bugsierte ein Zuspiel von Thiago zum 3:1 ins Tor (52.), und spätestens ab diesem Moment waren die Leverkusener Widerstände endgültig erloschen. Thiago legte das 4:1 drauf (61.), Müller legte seinen zweiten Treffer nach (63.) – das Halbfinale geriet zu einer neuerlichen Münchner Machtdemonstration, daran änderte auch das 2:5 von Leon Bailey nichts, über das sich der eingewechselte Senkrechtstarter dieser Saison gar nicht so richtig freuen konnte – es war klar, dass in der 72. Minute kaum noch eine Wende drin ist.
Müller hatte sowieso noch nicht genug. Er besorgte das sechste Münchner Tor, und nun wuchsen sie immer lauter an, die Final-Gesänge aus dem Gäste-Block. Berlin, Berlin – die Bayern fahren nach Berlin. Und sie sind: in Gala-Form. Das wird auch Niko Kovac vor dem Fernseher gesehen haben. Der künftige Trainer spielt heute gegen Schalke aus, wer die Bayern im Finale am 19. Mai fordern darf. Oder muss.