Moderne Methoden

von Redaktion

Stammzellen, ACP, kostbarer Kleister

Manuel Neuer hat einen fragilen linken Fuß, aber ein gläserner Patient ist er deswegen nicht. Die ersten Monate nach seiner Operation drang kaum etwas an die Öffentlichkeit, das Rückschlüsse über den Heilungsprozess erlaubt hätte. Erst seit Ende Januar, etlichen Nachfragen und wilden Spekulationen hat sich das geändert.

Mehrfach hat der Torwart seitdem gesprochen, etwa darüber, dass er zu jenem Zeitpunkt den Fuß auf dem Laufband mit 80 Prozent des Körpergewichts belasten konnte. Im März erfuhr die Öffentlichkeit von einer Behandlung mit Stammzellen, die aus dem Beckenkamm entnommen und am Fuß eingesetzt worden waren.

Mit Ruhe und Gips allein ist es schon lange nicht mehr getan. Ehe Neuer die Offensive ergriff, war die Branche davon ausgegangen, er habe sich einer ACP-Therapie (Autologes Conditioniertes Plasma) unterzogen, bei der Blut entnommen und zentrifugiert wird. Das entstehende Plasma ist reich an Thrombozyten (Blutplättchen) und Wachstumsfaktoren und soll den Heilungsprozess beschleunigen. Bei Muskelverletzungen ist diese Methode mittlerweile Standard, auch bei Knochen und Sehnen hat sie sich bewährt. Weil es sich um eine körpereigene Substanz handelt, die nur aufbereitet, aber nicht angereichert wird, ist die Prozedur unbedenklich. Dennoch lösten die Berichte – Stichwort Eigenblut – gewisse Reflexe aus. Stunden später klingelten Dopingkontrolleure bei Neuer.

Die Stammzellen-Kur, sagt Bayer Leverkusens Mannschaftsarzt Dr. Burak Yildirim, „geht noch einen Schritt weiter. Quasi-jungfräuliche Zellen, die noch keinen Arbeitsauftrag haben, werden an einer bestimmten Körperregion platziert, um Gewebe zu produzieren oder zu regenerieren.“ Der Vorteil bestehe bei beiden Methoden darin, dass es sich um ein körpereigenes Produkt handelt: „Ziel ist die möglichst nebenwirkungsfreie Heilung.“

Mediziner sprechen in so einem Fall vom „Booster-Effekt“. Im Idealfall wird der Genesungsprozess verstärkt. Was das konkret bedeutet, ob Tage oder gar Wochen eingespart werden, bleibt gleichwohl offen. Als Arzt, weiß Yildirim, kann man sich zwar aus einem gut gefüllten Instrumentenkoffer bedienen, doch „die Natur lässt sich nicht austricksen“.

Einen Normverlauf kennt die Medizin nicht. Es gibt unterschiedliche Arten von Brüchen und verschiedene Regionen, die betroffen sein können. Je weniger die Stelle durchblutet ist, desto mehr verzögert sich die Heilung. Blut, erklärt der Bayer-Arzt, „brauchen wir als natürlichen Kleister“. So war es auch bei Manuel Neuer und seinem fragilen linken Fuß. mb

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