Die Fußball-WM ist nahe, das merkt man daran, dass massiv dafür geworben wird, einen neuen Fernseher anzuschaffen. Der technologische Fortschritt erlaube ganz neue Einsichten. An den Bahnhofs-Videosäulen läuft der Moment ab, in dem Mario Götze am 13. Juli 2014 bewusst wird, dass er etwas geschaffen hat, das die nächsten 100 Jahre vor jeder WM zitiert werden wird. Ein „Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen“-4.0.
Das Versprechen der Elektronik-Industrie lautet nun, dass man Mario Götze 2018 dank Ultra 4K noch viel tiefer in die Augen voller Glück, ja fast hinein in die Seele blicken könne. Doch das ist höchst ungewiss, derzeit sogar eher unwahrscheinlich. Für Mario Götze geht es erst mal darum, überhaupt in den vorläufigen WM-Kader zu gelangen, den Bundestrainer Löw am 15. Mai bekannt gibt – und sich über das Trainingslager in Südtirol für den Sommer in Russland zu empfehlen. Es kann jedoch auch gut sein, dass Götze die WM 2018 nur via TV erlebt – dass er einen Bildschirm auf dem neuesten Stand haben wird, nehmen wir an.
Die Götze-Bilder von 2014 führen zu Fragen. Warum hat der Spieler aus diesem Glück, im Finale eines für ihn bis dahin missratenen Turniers punktgenau eingewechselt worden zu sein, nichts gemacht? Wäre es seiner persönlichen Entwicklung förderlicher gewesen, das große Spiel in Maracana bis zuletzt von der Bank zu verfolgen und nicht als Held mit vollendetem Werk zurückzukehren, sondern als junger Spieler, der sein Talent erst noch bestätigen muss? Welche war die strategisch falsche Entscheidung, die er getroffen hat? Zu den Bayern zu gehen, zu lange bei ihnen zu bleiben, oder mit einer Rückkehr nach Dortmund etwas korrigieren zu wollen, was nicht mehr zu korrigieren war?
Mario Götzes Hoffnung war, dass Thomas Tuchel als Trainer ihn wieder in die Spur bringt. Nun hat er Peter Stöger, der selbst in personeller Not (Ausfall des Stürmers Batshuayi) zögert, ihn gegen Leverkusen aufzustellen. Und dabei argumentiert, es gefährde den Teamerfolg, wenn er Götze einen Gefallen erweise.
Das Götze-Gefühl von 2014 ist weit weg. Vergangene Zeiten, vergangene TV-Technologie. Schade,