„Volleyball statt Teddy“

von Redaktion

Die schwangere Laura Ludwig über Training bis zur Geburt, Glücksgefühle, Ziele als Mama und Schokolade als Rettung

München – Wenn man gute Laune greifen möchte, bietet sich ein Gespräch mit Laura Ludwig an. Die Beachvolleyball-Olympiasiegerin erwartet im Juni ihr erstes Kind – und genießt ihre Schwangerschaft in vollen Zügen. Viel Freizeit, aber auch viel Training – denn ihre neue Rolle als Mama hat ihre Ziele als Sportlerin nicht geschmälert. 2019 will die 32-Jährige wieder auf der Tour spielen – mit ihrem Sohn und einem Babysitter im Gepäck.

-Frau Ludwig, die erste Frage, die Schwangeren immer gestellt werden muss, ist: Wie geht’s?

Sehr, sehr gut. Ich genieße meine Schwangerschaft sehr. Man nimmt sich mehr Zeit für sich, ich genieße das schöne Wetter, den Frühling mit Freundinnen und mit dem Partner. Jetzt gegen Ende mache ich auch nicht mehr jeden Tag zwei Einheiten – und ich schlafe sehr viel. Ich habe mir sagen lassen, dass man danach nicht mehr allzu viel davon abbekommt (lacht).

-Haben Sie von Beginn an eine unkomplizierte Schwangerschaft?

Am Anfang hatte ich die bekannte Morgen-Übelkeit. Im vierten Monat aber kam der Energieschub. Da hatte ich noch keinen Bauch, habe mich kaum schwanger gefühlt, konnte mich normal bewegen. Jetzt, seit ein paar Wochen, merke ich: Der Kleine wird schwer und tritt, da tut sich was. Es ist eine Umstellung für den Körper, aber eine interessante und spannende. Ich habe auch das Glück, bisher nicht allzu viel zugenommen zu haben, habe keine Wassereinlagerungen. Da bin ich echt froh, dass ich Sportlerin bin.

-Waren Sie nie träge?

Doch! Aber die Termine zu haben, zu denen Training anstand, hat mir echt geholfen. Sonst würde ich nur auf dem Sofa sitzen und essen (lacht).

-Gab es die klassischen Heißhunger-Attacken?

Nicht so, dass ich jetzt Essiggurken mit Schokolade essen wollte. Aber das Essen hat schon eine Rolle gespielt. Am Anfang habe ich das Problem gehabt, dass ich keinen Appetit, aber Hunger hatte. Ich habe dann alles ausprobiert, auch mal Klassiker wie Fisch aus der Dose. Und Schokolade hat mir durch die ganze Schwangerschaft geholfen (lacht).

-Essen Sie mehr?

Zwischenzeitlich schon, aber das hat sich geändert. Es ist nicht mehr so viel Platz im Bauch. Ich musste mir zuletzt echt antrainieren, dass ich nicht mehr so viel esse, sonst fühle ich mich wie eine Kugel. Und ich esse öfter über den Tag verteilt, dafür nicht ganz so viel.

-Wie wurde das Training auf die verschiedenen Schwangerschafts-Trimester abgestimmt?

Wir haben das Tag für Tag besprochen. Meine Trainerin hat mich am Anfang durchgeschliffen, aber wir waren auch flexibel. Manchmal haben wir die zweite Einheit weggelassen, weil ich einfach nur noch schlafen konnte. Ich war zu nichts fähig. Keine Wäsche machen, kein Essen kochen, nicht einkaufen gehen. Richtig platt. Da habe ich mir die Pause auch bewusst gegönnt. Wenn ich mich aber nur ein bisschen müde gefühlt habe, hat meine Trainerin auch mal gesagt: Reiß Dich zusammen! Da war ich oft sehr froh, dass sie so eine coole Frau ist.

-Nun sind Sie im achten Monat. Was geht noch auf dem Trainingsplatz?

Mehr als man denkt – auch wenn ich das Pensum runtergefahren habe. Eine Einheit pro Tag, ein Mal pro Woche bin ich noch auf Sand. Ich springe nicht mehr und lasse meine Trainerin mehr laufen – da haben wir die Rollen getauscht. Aber zum Beispiel Techniktraining geht noch super, zwei bis drei Mal pro Woche machen wir eine Stabilisationseinheit, rund eineinhalb Stunden. Das kann ja auch bei der Geburt helfen. Außerdem gehe ich schwimmen und ab und an aufs Rad.

-Was war denn das Erste, das nicht mehr ging?

Es ging eigentlich alles sehr lange. Auch die Bauchmuskeln, von denen man ja immer sagt, man solle sie lockern lassen. Ich setze den Fokus auf Stabilisation, trainiere somit also auch jetzt noch die schrägen Bauchmuskeln, weil ich will, dass mein Körper auch nach der Geburt eine gesunde Mitte hat, das ist wichtig in meinem Sport. Was aber schnell gar nicht mehr ging: Auf hartem Untergrund laufen. Aber da war ich auch nicht wirklich traurig drüber (lacht).

-Geben Sie Ihre Erfahrungen weiter? Viele werdende Mütter wünschen sich einen Trainingsplan.

Das ist schon eine Idee, über die ich nachdenke. Ich habe auch mit zwei Müttern auf der Tour gesprochen, da konnte ich ewig zuhören. Es war interessant, wie lange das Trainingspensum bei denen gut ging. Denn wenn man mit anderen Menschen im Umfeld spricht, kommt schnell die Frage: Wie? Das machst Du alles noch? Natürlich muss jeder auf sich selber hören, individuell alles entscheiden. Aber trotzdem sind Erfahrungswerte von außen schön, weil man ja nicht immer weiß, ob das eigene Gefühl einen richtig leitet. Wenn ich also anderen werdenden Muttis helfen kann – warum nicht?

-Was machen die Hormone? Sie haben erzählt, dass Sie bei Windel-Werbung weinen mussten.

Das hat sich ein bisschen gelegt. Aber man merkt schon, dass die Hormone etwas verrückt spielen. Heute zum Beispiel war ich beim Schwangerschaftsyoga, danach habe ich mit voller Energie gefühlt, bin raus in die Sonne. Und als es dann anfing zu regnen, war ich total schlecht drauf und plötzlich frustriert. Das geht dann hoch und runter, das kenne ich so nicht von mir. Ansonsten aber sagen alle, dass ich nicht mehr Zicke bin als vorher – also alles gut.

-Wie gehen Sie die Geburt an?

Voller Freude, aber auch Respekt. Ich bin wahnsinnig gespannt auf diese Erfahrung, das mit meinem Partner durchzumachen. Wenn man mich währenddessen fragt, werde ich bestimmt was anderes sagen, vielleicht stelle ich es mir zu romantisch vor. Ich habe mit vielen anderen Frauen gesprochen, auch wenn ich es am liebsten einfach auf mich zukommen lassen will. Es gibt so viele unterschiedliche Geschichten, die so spannend sind. Es ist schon krass, was der Körper so hinkriegt.

-Sie haben 2016 schon mit dem Gedanken gespielt, Kinder zu kriegen, das Vorhaben aber nach dem Olympiasieg noch mal verschoben. Als die Entscheidung dann 2017 gefallen war, musste es schnell gehen. War der Zeitdruck eine Belastung?

Nein, denn wir sind beide Gefühlsmenschen. Sport hat für mich erste Priorität, das ist meine Leidenschaft, genau wie bei meinem Partner. Er konnte also zu jedem Zeitpunkt nachvollziehen, wie ich denke und fühle. Deshalb war es auch leicht, darüber zu entscheiden. Es war klar, dass ich mit dem Beachvolleyball nicht aufhören will. Ich habe so einen Spaß daran, ich bin da noch zu gut, ich liebe den Wettbewerb, den Erfolg, die Tour. Ich habe noch große Ziele! Als wir uns dann gesagt haben, jetzt gehen wir das an, jetzt erzählen wir auch unserem Team davon, mussten wir schon genau gucken, wann es am besten passt.

-Viele andere Frauen hemmt so eine Denkweise.

Das stimmt und das kann ich auch gut nachvollziehen. Dass es dann genau in diesem Zeitraum geklappt hat, lag vor allem daran, dass ich mir alleine keinen Druck gemacht, sondern viel darüber gesprochen habe. Es hat sich einfach alles so richtig angefühlt. Die Gefühle, der Zeitpunkt. Ich habe vorher alles erreicht, was ich wollte, alle Wünsche sind in Erfüllung gegangen – dann war es Zeit für den nächsten Schritt. Alles war schön und gut – und nun wird alles anders und auch sehr gut (lacht).

– Kinder verändern, heißt es. Ein prominentes Beispiel im Sport ist Serena Williams, die sagt: Es ist anders, als vorab vorgestellt. Kalkulieren Sie das ein?

Das kann ich ja gar nicht. Natürlich hat man die eine oder andere Vorstellung, aber wir können nur wenig planen. Wir versuchen zu gucken, wen man mit auf die Reise nehmen kann. Wie man es hier in Hamburg mit dem Training macht. Wir haben Vorstellungen, wissen aber, dass wir das auf uns zukommen lassen müssen, Step by Step denken. Ich habe auch dem Team gesagt, dass ich die ersten zwei Monate für mich bzw. uns haben will, damit wir in unseren Rhythmus finden, lernen, eine Familie zu sein. Deshalb bin ich auch froh, dass es so früh geklappt hat – wir haben jetzt Zeit, das entspannt anzugehen.

-Gibt es schon einen Trainingsplan für danach?

Nein. Vielleicht hat mein Trainer sich schon Gedanken gemacht, aber ich nicht. Man muss ja auch mal abwarten, wie die Geburt abläuft, wie es mir geht. Wir werden uns alles danach anschauen und einen Plan machen.

-Wer bietet sich als Babysitter auf der Tour an?

Ganz einfach wäre: Unsere Muttis. Allerdings müssen wir schon schauen, wie wir das mit dem Reisen machen, das wird sicher anstrengend. Freundinnen haben sich angeboten, aber wir denken auch an eine Nanny, die flexibel ist. Auch das ist schwer planbar.

-Und wann kriegt der Kleine seinen ersten Volleyball in die Hand?

Er spürt jetzt schon, dass er sehr viele Bälle um sich herum hat, glaube ich. Einen Mini-Volleyball haben wir ja zuhause – mal sehen, wann er ihn greifen kann. Oder ich lege ihn gleich in die Wiege – statt Teddy (lacht).

Interview: Hanna Raif

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