Über das Abstiegsgespenst wird heutzutage weniger gesprochen als früher, es scheint als Metapher aus der Mode gekommen zu sein – oder liegt das einfach daran, dass es sich seit Jahren einem Projekt verschrieben hat, das alle Kräfte auffrisst und sich dennoch nie finalisieren lässt? Wir haben das Abstiegsgespenst aufgespürt, ein frustriertes Nervenbündel-Nachthemd in einer Hamburger Hafenschenke. Als wir ihm gut zuredeten, erzählte es seine Geschichte.
- Sie sind von der Bildfläche verschwunden – wie lange halten Sie sich schon in Hamburg auf?
Seit Jahren arbeite ich mich auf, den Hamburger SV endlich mal absteigen zu lassen. Keiner widersetzt sich so wie dieser Verein, dabei habe ich gute Handlanger im Hintergrund, die das ganze Jahr über alles dafür tun, mein Projekt endlich zu bewerkstelligen – und dann bin ich zum Finale dann doch jedes Mal wieder von allen guten Geistern verlassen. Ich habe erst letztens meinem ewigen Erzfeind, dem Bayern-Dusel, eine WhatsApp geschrieben, ob er vielleicht einen nordischen Nachahmer angelernt hat. Wenn ich den erwische! Der macht meine ganze Arbeit kaputt! Aber der Bayern-Dusel hat nicht geantwortet. Haltet nur zusammen! Der Geist von Malente und der Geist von Spiez lachen ja auch über mich.
- Womöglich ist der HSV unabsteigbar?
(lacht laut) Ha, das haben die Bochumer auch ewig von sich behauptet! Und wo sind die inzwischen? Bisher habe ich sie noch alle gekriegt! Aber dieser HSV jagt mir Schauer über den Rücken. Dabei ist doch sogar historisch belegt, dass selbst Dinosaurier mal verschwinden. Ich habe mich da bei einem entfernten Kollegen, der Evolution, erkundigt.
- Vielleicht liegt es aber auch an Ihnen selbst. Haben Sie vielleicht ein gutes Herz und wollen dem treuen Uwe Seeler den Abstiegsschmerz ersparen?
Sie sprechen einen wunden Punkt an. Wir Geister sind ja auch nur Menschen. Winston Churchill hat mal gesagt: „Mit dem Geist ist es wie mit dem Magen: Man kann ihm nur Dinge zumuten, die er verdauen kann.“ Den Uwe, den mochte ich schon immer, das ist wahr. Aber er ist einer vom alten Schlag, er hätte Verständnis: Geschäft ist Geschäft, und der HSV ist fällig. Und ich werde doch anderswo auch gebraucht, in Köln, Freiburg, Mainz, Wolfsburg! Allerdings fürchte ich, dass dieser HSV vor dem Klassenerhalt wieder nicht zurückschreckt. Dieser Klub ist der Albtraum jedes Gespensts, glauben Sie mir.