Unfassbar gut

von Redaktion

Eishockey: Draisaitl, obwohl noch lustlos, beeindruckt beim 2:1 gegen Frankreich Nebenmann Ehliz – Rieder verzichtet

Von Günter Klein

Berlin – Yasin Ehliz befand über Leon Drasaitl: „Er ist ein brutaler Mittelstürmer.“

Also, brutal nicht im Sinne von gewalttätig. Es war eher das bayerische „brutal“ für unfassbar gut. Ehliz ist Tölzer, er spricht so. „Wie er in der Verlängerung die Scheibe ins gegnerische Drittel transportiert und auflegt.“ Zu ihm, Ehliz. Er schoss in der zweiten Minute der Overtime den 2:1-Siegtreffer im WM-Testspiel gegen Frankreich. Ihm war auch schon das 1:1 gelungen – Vorlagengeber: Draisaitl, der Star aus der NHL. „Es ist nicht umsonst, dass er da drüben spielt“, sagt Ehliz, der ein Kind der DEL ist – sein Klub sind die Nürnberg Ice Tigers. „Es ist gut für die Nationalmannschaft, dass Leon Lust hat, die WM zu spielen.“

Wobei: Auf Vorbereitungsspiele hat Draisaitl keine große Lust, das gibt er offen zu. Die Atmosphäre im Berliner Wellblechpalast, in dem nach dem Umzug der Eisbären in den Neubau Mercedes-Benz-Arena nur noch der Nachwuchs spielt, fand er mitreißend – doch er kalkulierte auch ganz unemotional: „Solche Spiele jetzt sind nicht wichtig.“ Zumindest nicht für ihn. Draisaitl räumte ein, dass er nach dem Saisonaus für die Oilers „zwei Wochen lang gar nichts“ gemacht hat. Nun muss er wieder „Beine bekommen“.

Dafür war die Partie okay. Zwei Tage zuvor in Wolfsburg hatte er noch zugeschaut, wie die Kollegen Frankreich 7:1 zerlegten. „Uns war schon klar, dass wir die Franzosen nicht noch einmal so erleben würden“, sagte Bundestrainer Marco Sturm nach der dritten Testphase (Russland, Slowakei, Frankreich). Es stehen diese Woche noch zwei weitere Partien in Dänemark an – was die skurrile Situation schafft, dass die Nationalmannschaft zur Vorbereitung der WM in Dänemark nach Dänemark fährt (und dann wieder zurück).

Sturm, selbst NHL-Größe gewesen, hat Leon Draisaitl, den Mann mit dem Potenzial, Deutschlands bester Eishockeyspieler aller Zeiten zu werden, gleich mal zum Kapitän gemacht. Bis zur WM erwartet Sturm zwei weitere NHL-Verstärkungen: Dennis Seidenberg (New York Islanders) und Korbinian Holzer (Anaheim) – beide Abwehrspieler. Doch er musste auch eine Absage hinnehmen: die des Landshuter Stürmers Tobias Rieder, der in der ersten Playoff-Runde mit den Los Angeles Kings gegen Las Vegas ausgeschieden ist.

„Beim Tobi ist die Situation so, dass er keinen Vertrag mehr hat. Das hatten wir vor zwei Jahren auch schon so – er kam zur WM und hat sich verletzt.“ Dieses Risiko will Rieder nicht eingehen – zumal er auch 2017 die WM in Köln auf Krücken verlassen musste.

Drei Spieler hat Sturm nach dem Samstagsspiel gegen Frankreich nach Hause geschickt: die Schwenninger Benedikt Brückner und Simon Danner, den Augsburger Jaroslav Hafenrichter. Und es kann gut sein, „dass nächste Woche noch die Hälfte des Kaders ausgewechselt wird“. Von den Finalisten Berlin und München kommen „die üblichen Verdächtigen in Frage“. Allerdings weiß der Bundestrainer, „dass einige die Playoffs verletzt bestreiten und für die Weltmeisterschaft ausfallen werden“.

Und (internationale) Rücktritte, wie sie Christian Ehrhoff, Marcel Goc und Patrick Reimer verkündet hatten, kaum dass sie mit ihren Vereinen aus den DEL-Playoffs draußen waren – drohen auch die, wenn Münchner und Berliner, einige von ihnen ältere Semester, auf die Saison zurückblicken? Marco Sturm hofft, dass das nicht der Fall sein wird: „Zumindest habe ich bis jetzt nichts davon gehört.“

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