Berlin/München – Meister. Schon wieder. Zum dritten Mal in Folge. Diesmal aber musste der EHC München sich ein bisschen mehr anstrengen, das Finale gegen die Eisbären Berlin verlangte ihm sechs Spiele ab. Gestern Abend schloss er die Serie mit einem 6:3-Sieg zum 4:3. Wie ist das einzuordnen?
Es hat schon andere Klubs gegeben, die dreimal in Folge Meister wurden. Mannheim hatte diese goldene Ära Ende der 90er, die Eisbären Berlin siegten unter dem heutigen Münchner Coach Don Jackson von 2007 bis 09 am Stück (und dann nochmals 2011 und 12) – doch keiner rauschte so beeindruckend durch die Playoffs wie München 2016, 17 und 18.
Zwölf Serien hat der EHC seit der Saison 2015/16 gespielt – und erst jetzt im Finale erstmals mehr als ein Match abgegeben. Zwar kam man durch lediglich zwei Serien mit einem „Sweep“ (Finale gegen Wolfsburg 2016, Viertelfinale gegen Bremerhaven 2017), doch es ergibt sich eine Bilanz von 65 Siegen bei neun Niederlagen. Tore: 168:87. In den Playoffs agiert der EHC München deutlich stärker als in der „regular season“. Die pflegt er zwar auch als Erster zu beenden (mit dreistelligem Punkteertrag), doch von 52 Saisonspielen verlor er zuletzt fünfzehn.
Don Jackson weiß aber, dass er sich deswegen nicht sorgen muss. Wichtig war ihm, dass sein Team nie eine Strecke von vier Niederlagen nacheinander erlebt, die aufzeigen würden, dass ein Aus in einer Playoff-Serie (zuletzt geschehen 2014 im Viertelfinale gegen Wolfsburg) denkbar wäre. 2017/18 erlebte der EHC mal drei Negativauftritte in einer Woche, er verlor im November daheim gegen Wolfsburg 2:5, zwei Tage später in Nürnberg 1:5 und ließ auch noch ein 2:3 in Bremerhaven folgen (nach 2:0-Führung). Da war Don Jackson schon mal schmallippig gegenüber seiner Mannschaft.
An der er aber grundsätzlich schätzt: Sie regelt die Dinge selbst. Jackson spricht gerne von „veteran leadership“, vom Vorangehen der älteren Herrschaften wie Michael Wolf, Keith Aucoin und Jason Jaffray, Yannic Seidenberg, Mads Christensen. Profis, kühle Denker, die wiesen, dass in den Playoffs die Saison richtig losgeht – die Hauptrunde aber nicht zu vernachlässigen ist. Mannheim hat es 2016 erlebt, wie man als Meister abschmieren kann, wenn es in der Truppe plötzlich nicht mehr stimmt: Platz zehn und Aus in den Pre-Playoffs. Der EHC profitiert davon, von Platz eins aus in den Playoffs zu starten. Jeder Gegner, auf den man ab den Halbfinals traf, hatte mehr Spiele in den Knochen. München wirkte stets erholter, weil die erste Runde (einmal Straubing, zweimal Bremerhaven) nie wirklich fordernd war.
Ja, der EHC ist die am besten besetzte Mannschaft in der DEL. In der Abwehr hatten andere Teams wie Köln von der individuellen Klasse mehr zu bieten, doch das macht München wett. Mit Offensivpower und mit seinem System. Es haben sich zum Ende der Saison logische Formationen gefunden: Wolf-Hager-Jaffray, Pinizzotto-Aucoin-Macek, Christensen-Kahun-Mauer, Flaake-Matsumoto-Kastner. Jede Reihe steht für etwas anderes, jede hat ihre „Moves“, aber jede hält sich an die Jackson-Vorgabe: den Gegner mit einem gnadenlosen Forecheck zu Scheibenverlusten zu zwingen und auf weite Distanz zum Münchner Tor zu halten. „Dieses System ist nicht schwer zu durchschauen“, sagte Patrick Hager, der im Sommer 2017 von Köln nach München kam und noch die Perspektive des Gegners kannte, „aber es ist schwer, dagegen zu bestehen“.
Don Jackson ist ein klein wenig Eishockey-Wissenschaftler, eine Art Laptop-Trainer, auch wenn man ihn im Büro, das früher die Ticketstelle war, nie an einem Computer hat sitzen sehen (dafür hat er ja auch seinen jungen Assistenten Matt McIlvane, dem er manchmal auch die Instruktionen in den Drittelpausen überlässt).
Die Mehrzahl der Tore, erklärt Jackson, würden heutzutage durch flach gehaltenen Schüsse fallen, die quasi auf dem Eis am Torwart vorbeiflutschen. Er hat jemanden aus Kanada an der Hand, der „Tausende von Treffern analysiert hat“. Diese Kenntnisse nutzt Jackson, um speziell verteidigen zu lassen. Spielt der EHC in Unterzahl, müssen die Abwehrspieler – vor allem Abeltshauser und Boyle, vorige Saison auch noch Matt Smaby, der dann in den Ruhestand geschickt wurde – sich quer aufs Eis legen, um die Schüsse abzufangen. Die Torhüter bekamen in dieser Saison auch Spezialtraining.
Die Meisterschaft war das Ziel des EHC – Ziel erreicht. Ein anderes, das die Organisation klar ausgewiesen hatte, aber nicht: München wollte und sollte auch die Champions Hockey League gewinnen. Die Vorrunde machte dem EHC Hoffnung, er gewann die Gruppe mit Gävle aus Schweden, IFK Helsinki und Krakau, doch im Achtelfinale erlebte er die temporeichsten Spiele der Saison und schied gegen den Schweizer Meister SC Bern völlig zurecht aus.
Es bleiben also noch Ziele. Für die Champions League hat sich der EHC bereits mit seinen DEL-Hauptrundensieg qualifiziert. Günter Klein