Der neue Boateng

von Redaktion

Niklas Süle stirbt gegen Real den Heldentod – und wird dennoch eine große Zukunft erleben

Madrid – Am Ende hätte es nicht verwundert, wenn der Boden des Bernabeu erzittert wäre, als Niklas Süle nach dem Duschen zum Teambus marschierte. Der Koloss ist kaum zu übersehen, wenn er schweren Schrittes dem Feierabend entgegen strebt.

Umso verblüffender ist, wie leichtfüßig der Innenverteidiger des FC Bayern in seiner Kernarbeitszeit unterwegs ist. In Madrid verrichtete er einen tadellosen Dienst, wie schon im Hinspiel, als er nach Jerome Boatengs Verletzung einen Kaltstart hinlegte. Nach Abpfiff der Partie am Dienstagabend sanken die Münchner reihenweise auf den Rasen. Süle, der Koloss, blieb stehen wie eine Statue. Karl-Heinz Rummenigge hatte vor der Partie gefordert, die Spieler müssten „den Heldentod“ sterben, er wünschte sich eine epische Schlacht. Süle erfüllte diese Vorgabe wie kein Zweiter. Mit seinen 22 Jahren setzte er den Weltfußballer Cristiano Ronaldo matt, warf sich Real entgegen und fand sogar noch Zeit für Offensivaktionen. Das 2:2 leitete er ein. Das mit dem Heldentod nahm er ernst – aber er wird eine große Zukunft erleben.

Die Statue Süle stand nach dem Abpfiff auch nicht lange allein. Schnell nahte ein anderer Koloss, um ihm zu gratulieren. Boateng selbst packte sich den jungen Mann, der mal sein Erbe werden soll, bei Bayern wie in der deutschen Nationalelf. In Momenten wie an diesem Abend in Madrid rückt der Konkurrenzkampf in den Hintergrund. So standen sie eine Weile Seite an Seite im Bernabeu, das andere Helden, die in Weiß, hochleben ließ. Der alte und der neue Boateng. Bayern hat eine Zukunft, gewiss.

„Wir hatten viele Möglichkeiten und hätten zwei Elfmeter bekommen müssen“, sagte Süle später. „Wir haben ein sehr gutes Spiel gemacht. Es ist sehr ärgerlich, dass wir rausfliegen.“ Nach dem 2:2 habe er „eine kleine Euphoriewelle bei uns gespürt. Aber leider hat es nicht gereicht.“ Über das Duell mit Ronaldo sagte er: „Für einen jungen Spieler wie mich, der noch nicht viele Champions League-Spiele auf dem Buckel hat, ist das eine Wahnsinns-Sache, gegen so einen Spieler zu spielen. Das hilft mir ungemein für meine Erfahrung, und das nehme ich positiv für meine Zukunft mit.“

Jupp Heynckes sieht das genauso: „Ich habe schon gesagt, dass er, wenn er so weitermacht, ein Weltklassespieler wird.“ Es sei seine erste Saison bei Bayern, erinnerte der Coach, „und die ist ausgezeichnet. Das ist ein Junge, der dazulernen will, der zuhört, der aufmerksam ist, der leistungsbereit ist und sich auch quälen kann. Und das hat sich auch heute gezeigt.“

Für die WM ist er spätestens nach dem Auftritt gegen Ronaldo und Kollegen fix gebucht. Gut möglich, dass er in Russland die Erde dann tatsächlich erzittern lässt.  awe

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