Wenn Fußball gerecht wäre, wäre das Duell zwischen dem FC Bayern und Real Madrid wohl anders ausgegangen. Doch Gerechtigkeit ist im Fußball ein Phantom, und wird es gespenstisch, fällt die Analyse schwer. Diese Bayern-Mannschaft macht dem Probleme, der sie abschließend beurteilen soll. Es ist schon oft geschrieben worden, dass hier eine Ära endet, und je nachdem, wie viel Schuss Dramatik hineingemixt wurde, fiel der Appell, das Team benötige eine Komplettrenovierung, drastisch aus. Beim K.o. in Madrid hat diese Bayern-Mannschaft aber gezeigt, dass man sie nicht allzu leichtfertig entsorgen sollte. Wer nun unbedingt ein Fazit fällen möchte, sollte das Fallbeil tunlichst zur Seite legen.
Es steckt noch immer einiges in diesem Team, das den Titelverteidiger am Rande des Aus hatte. Franck Ribery und Kollegen strafen diejenigen Lügen, die sie im Rentenalter sehen. Sicherlich braucht dieses Team eine Verjüngungskur, aber aktuell gewiss keine radikale. Die Bayern sind dabei, ihren Umbruch auf gutem Niveau voranzutreiben. Sicher: Mittel- bis langfristig sind da Wolken am weiß-blauen Himmel. Wenn Ribery und Arjen Robben Geschichte sind, nähert sich in Manuel Neuer, Thomas Müller, Jerome Boateng, Mats Hummels, Arturo Vidal und Robert Lewandowski ein ganzes Bataillon Leistungsträger rapide den mittleren Ü-30-Jahren. In nächster Zeit muss man für diese Männer Ersatz finden, aktuell wird dem Kader durch junge Zugänge wie Leon Goretzka und Serge Gnabry Niveau hinzugeführt, das Nachhaltigkeit verspricht. In David Alaba, James, Thiago, Joshua Kimmich und Niklas Süle hat man darüber hinaus bereits eine neue Generation an Führungskräften im Azubi-Status in seinen Reihen. Das liest sich nicht nur gut, das ist gut.
Was die Saison aber auch gelehrt hat, ist, dass diese Mannschaft jemanden braucht, der sie führt. Und sie ist gewiss nicht leicht zu führen. Carlo Ancelotti scheiterte kolossal, und es hing unendlich viel mit dem Gespür von Jupp Heynckes für diese Mannschaft zusammen, dass die Saison so einen spektakulären Verlauf nahm. Auf Niko Kovac, den Neuling in der Champions League, wartet eine schwere Aufgabe. Die Anforderungen werden in den kommenden Jahren nicht kleiner; Tempofußball, Transferirrsinn und Tiki-Taka sollten als Schlagworte reichen. Da muss man hart arbeiten und eine klare Linie verfolgen. Auf Gerechtigkeit, das weiß man aber nicht erst seit Dienstag, braucht man nie zu bauen.