München – Für einen kurzen Moment war am Samstag alles wie im Mai 2017. Singende Fans, emotionalisierte Spieler, „einmalig“, sagte Marcel Risse zur Stimmung in der Kurve. Nach dem 1:3 des 1. FC Köln gegen den FC Bayern wurde allerdings nicht der Einzug in den Europapokal, sondern der Abstieg aus der Bundesliga „zelebriert“. Ein endgültiger Haken an diese Saison – oder doch nicht?
Wenn der sichere Absteiger am kommenden Samstag ist in seinem vorerst letzten Bundesliga-Spiel zu Gast in Wolfsburg, will er sich nicht hängenlassen. Mit einer derart verantwortungsvollen Aufgabe wie sie den Kölnern aufgrund der Konstellationen am unteren Tabellenende nun bevorsteht, hat aber niemand gerechnet. Der Hilferuf aus Hamburg kam unmittelbar nach Abpfiff am Samstag. Die HSV-Profis, die für den Sprung auf den Relegations-Rang nach der Pleite in Frankfurt gegen Gladbach gewinnen und auf einen gleichzeitigen FC-Sieg hoffen müssen, redeten den einstigen Widersacher sogar stark.
„Die wollen sich sicher mit einem Sieg aus der Bundesliga verabschieden“, sagte Nicolai Müller. Und Kapitän Gutoku Sakai traut Köln freilich zu, „dass sie in Wolfsburg gewinnen“. Warme Worte, die nichts anderes belegen als: Pure Verzweiflung.
Der HSV war im Höhenflug, hatte es am Samstag selbst in der Hand – scheiterte aber jäh. Dass „alle noch daran glauben“ (Trainer Christian Titz), ändert nichts an der Tatsache, dass die Bundesliga-Uhr am kommenden Samstag um 17.15 Uhr zurückgestellt wird, sollte die Schützenhilfe aus Köln ausbleiben. Der Dino braucht ein kleines Wunder, das Titz noch in der Frankfurter Kabine beschwor. „Das Spiel aus den Köpfen kriegen“ (Aaron Hunt) und „die Woche positiv gestalten“ (Müller), ist nun die Zielsetzung.
Immerhin ist es ja nicht so, als hätte der VfL Wolfsburg mit seinem Auftritt in Leipzig (1:4) Angst und Schrecken verbreitet. Allerdings hat das Team von Bruno Labbadia (Bilanz: zehn Spiele, ein Sieg, sechs Punkte) auf dem Relegationsplatz halt einfach zwei Punkte mehr auf dem Konto. Die Partie gegen Köln wird für den Coach, der vor dem Finale Rückendeckung von der Vereinsführung erhielt, dennoch „ein Nervenspiel“. Er appellierte an die „volle Unterstützung der Fans“, gab aber zu: „Die können wir nicht einfordern, weil die Leistung nicht stimmt.“
Auf vier Spiele ohne Sieg blickt der VfL zurück, die Stimmung in und um den Klub ist längst gekippt. „Es ist klar, dass nicht mehr so viele an uns glauben“, sagte Labbadia, dessen Maßnahmen aus der vergangenen Woche – Trainingslager, Einzelgespräche – offensichtlich keine Früchte getragen haben. Noch am Abend versammelten sich hunderte wütende Anhänger an der Geschäftsstelle, der Mannschaftsbus wurde in Absprache mit der Polizei umgeleitet. Die Spieler verließen ihn an anderer Stelle – mit hängenden Köpfen und ohne Kampfansagen.
Mit Blick auf diese Bilder wirken jene, die von der Freiburger Pleite in Gladbach überliefert wurden, wie regelrechte Feier-Motive. Denn wie gut Schützenhilfe im Abschiedskrimi tun kann, erfuhr der SC am eigenen Leibe. „Gottfroh“ war Trainer Christian Streich, weil sich die Situation trotz des 1:3 „verbessert“ habe. Der direkte Abstieg ist verhindert, um sicher drin zu bleiben, reicht gegen Augsburg ein Punkt. „Noch ist es nicht vorbei“, sagte Streich zwar pflichtbewusst. Sein Team steht aber am besten da. Noch besser wäre es nur, wenn Köln gewinnt.