Herning – Leon Draisaitl stapfte wortlos in die Kabine. Von der Strafbank aus hatte der NHL-Star mit ansehen müssen, wie die deutschen Olympia-Helden im zweiten Penalty-Krimi binnen 48 Stunden das WM-Viertelfinale schon aus den Augen verloren. Nach dem 4:5 (2:2, 1:1, 1:1, 0:0, 0:1) gegen Norwegen ist die K.o.-Runde in weite Ferne gerückt.
„Über das Viertelfinale brauchen wir momentan nicht zu reden“, sagte Bundestrainer Marco Sturm und kritisierte nach der zweiten Niederlage im zweiten Spiel relativ deutlich sein Team: „Die Fehlerquote war einfach zu hoch. Jeder Einzelne hat nicht seine Leistung gezeigt.“
Damit war auch Stürmerstar Draisaitl gemeint, der zwar drei Tore vorbereitet hatte, in der Verlängerung aber eine Zwei-Minuten-Strafe kassierte und deshalb bei der Entscheidung nicht eingreifen konnte. Die Tore der Silbermedaillengewinner Patrick Hager (15./28.) und Yannic Seidenberg (51.) sowie des US-Collegespielers Marc Michaelis (19.) reichten am Ende nicht zum dringend notwendigen Sieg.
„Wir haben uns nicht belohnt und in den entscheidenden Szenen Fehler gemacht“, klagte Hager. Mit nur zwei Punkten rutschte die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) in der Vorrundengruppe B auf den siebten Platz ab. Torschütze Seidenberg wollte die WM deshalb aber noch nicht abhaken: „Das Turnier ist noch nicht zu Ende. Wir können jeden Gegner schlagen, wenn wir unsere Leistung aufs Eis bringen.“ Gegen die USA wird die Aufgabe am heutigen Montag (16.15 Uhr/Sport1) aber noch deutlich schwerer als in den beiden Auftaktpartien.
Zehn Wochen nach der Olympia-Sensation hat die Eishockey-Überflieger aber nicht nur das Glück in der Penalty-Lotterie verlassen – wie schon beim 2:3 zum Auftakt gegen WM-Gastgeber Dänemark. Mit nur noch zehn Helden aus Pyeongchang sind sie regelrecht abgestürzt. Ken Andre Olimb (2.) und Thomas Valkvae Olsen (8.) hatten die Skandinavier vor 5491 Zuschauern in der Jyske Bank Boxen in Herning früh mit 2:0 in Führung gebracht.
Anders Bastiansen (22.), Daniel Sörvik (51.) und schließlich der Krefelder Mathias Trettenes im Penaltyschießen besiegelten die zweite Niederlage im zweiten Spiel. Über die Schlüsse aus der Pleite war man sich letztlich uneins. „Ich weigere mich dennoch, alles schlecht zu sehen. Wir hatten einen Umbruch und lernen gerade zusammenzuwachsen“, sagte der Kölner Moritz Müller trotzig. Sturm aber gab zu: „Ich hatte nie das Gefühl, dass wir in den Rhythmus kommen.“
Ausgerechnet der Älteste brachte die DEB-Auswahl mit einem anfängerhaften Fehler früh in Rückstand. In Überzahl ließ sich Kapitän Dennis Seidenberg trotz seiner Erfahrung von 928 NHL-Spielen an der Bande hinter dem eigenen Tor den Puck abnehmen, Ken Andre Olimb zog vors Tor und traf im zweiten Versuch ins Schwarze.
Es sollte noch schlimmer kommen. Nach einem Wechselfehler kassierte das Sturm-Team in Unterzahl das 0:2 – Torhüter Timo Pielmeier hatte den Puck nach vorne abgewehrt. Zwar glich das DEB-Team zum 2:2 aus und holte später auch ein 2:3 und 3:4 noch auf. Im Penaltyschießen fehlte dann aber einmal mehr das nötige Glück.
Nun ist der WM-Fehlstart perfekt und der Neuanfang droht zu einer Enttäuschung zu werden. Torjäger Hager aber versprach eine Reaktion: „Wir werden uns aber wehren und um jeden Meter auf dem Eis fighten.“