Der Überlebende des Jahres

von Redaktion

Trainer Manuel Baum freut sich über eine schadlos überstandene Saison mit dem FC Augsburg – Seine Note: „Eine Drei plus“

Von Günter Klein

Augsburg – Die Bundesliga-Saison ist so gut wie vorbei, Zeit für die Abschlusszeugnisse. Manuel Baum, den Trainer des FC Augsburg, kann man gut nach einer Benotung für sein Team fragen; dass er schnell und umstandslos zur Bewertung kommt, steckt einfach in ihm drin. Er ist ja verbeamtet, immer noch Realschullehrer, die nächsten zwei Jahre vom Schuldienst freigestellt. Baum sagt, er würde dem FCA für 2017/18 „eine Drei minus“ geben.

Gut, Daniel Baier, der Kapitän, ist forscher, aber er urteilt aus der Perspektive des Schülers: „Die Vorrunde wäre eine Eins minus“, meint er, „da haben wir 16 konstant gute Spiele gemacht“. Die Rückrunde („Normale Schwankungen durch viele Verletzungen“) lässt er ohne konkrete Zensur, weist aber darauf hin: „Wir hatten immer souveränen Abstand nach unten. Eine gute Saison.“ Elfter ist der FC Augsburg vor dem letzten Spiel in Freiburg, er kann einen Platz gutmachen, im schlechtesten Fall zwei verlieren. Es geht noch um die Prämie aus dem Fernsehtopf. Sie wird wohl um die 49 Millionen Euro betragen.

Als im August die Saisontipps abgegeben wurden, hatte man die Augsburger nicht für einen gesicherten Mittelfeldplatz auf dem Zettel. Neben Hannover galten sie als Abstiegskandidat. Und Baum als ein Coach, der sich nicht würde halten können. Im Dezember 2016 war der Leiter des Nachwuchsleistungszentrums zum Bundesligatrainer befördert worden, im April 2017 stand er kurz vor der Entlassung. Den damaligen Abstiegskampf bestand der FCA – so die öffentliche Wahrnehmung – dank einer Blut,-Schweiß- Tränen-Rede seines Mittelfeldspielers Halil Altintop und der Appelle von Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter und der Ultras. Als nach der Saison einige der älteren Spieler Augsburg verließen (Altintop, Verhaegh, Bobadilla), wirkte das, als hätten sie den Glauben verloren. Den an die gesicherte Zukunft des FCA unter Baum.

Nach dem 1:2 gegen Schalke am Samstag, dem letzten Heimspiel, wollte Baum noch was sagen. Es folgte eine längere Dankesrede, fast wie bei einer Oscar-Verleihung. Die Stimme kündete von aufrichtiger Rührung – gegenüber Familie, allen Mitarbeitern, dem Verein („für die Loyalität“), der Nachwuchsabteilung für vier an die Profis herangeführte Spieler und überhaupt „der Mannschaft: Sie hat es mir leicht gemacht.“ Ins erste Trainingslager im Sommer fuhr er mit einem durch Altverträge überfrachteten Kader von 41 Mann, in der Vorrunde „hatten wir oft 18, 19 Spieler im Ersatztraining“. Arbeit, die von außen keiner sieht.

Manuel Baum hat es hinbekommen, diesen Kader – er wurde erst in der Winterpause sinnvoll verkleinert – zu managen. Dass das nicht klappen würde, darin hatte man de Gefahr gesehen für ihn als immer noch jungen Trainer (mit 38) und ohne Profi-Vergangenheit als Spieler. An seinen analytischen Qualitäten hatte man nicht gezweifelt, Baum ist ein Fußballlehrer, der das Spiel bis ins Detail der richtigen Fußstellung bei der Ballannahme unterrichtet.

Warum er nun nur eine „Drei minus“ vergibt? „Weil wir uns für gute Leistungen nicht immer belohnt haben.“ Es bleibt also Raum für Verbesserungen in der kommenden Saison. In die er ohne Marwin Hitz gehen muss. Den Torhüter zieht es nach fünf Jahren Augsburg (wohl) nach Dortmund. Der FCA hat ihn am Samstag in seiner Arena verabschiedet, Manager Reuter lobte den Schweizer für klare Ansagen: „Er hat nicht rumgepokert, nie gefordert: ,Gebt mir mehr Geld.’ Er hat sogar gesagt, dass es keinen Sinn mache, ihm ein Vertragsangebot zu unterbreiten.“ Hitz traf eine Grundsatzentscheidung: zu einem größeren Verein zu wechseln. Reuter: „Er sieht eine gute Entwicklung beim FCA, will aber international spielen.“

Manuel Baum wird ihn auch in der Chamions League im Auge behalten. Denn für Sky bereitet er die Analysen von Erik Meijer vor. Beim FC Augsburg staunen sie über das Pensum von Baum, der nach wie vor in München (Trudering) lebt. Bodenständigkeit ist Baum wichtig, die Dimensionen haben sich in seinem Leben durch die Bundesliga nicht verändert. Vom FCA-Spiel beim FC Bayern fuhr er mit der U-Bahn heim, und als ihm der DFB wegen Kommentaren gegen einen Schiedsrichter 8000 Euro Geldstrafe aufbrummte, wehrte sich Baum mit Leidenschaft – für ihn immer noch ein Batzen Geld.

Baum, der Niederbayer, und die Schwaben – es passt. Stefan Reuter (Franke) hat nur einen Wunsch: „Dass Manuel an freien Tagen das Laptop auch mal ausschaltet.“

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