Hamburg – Am Tag danach bekam Bernd Hoffmann zur Mittagszeit von Reportern einen schwarzen Kaffee gereicht und bedankte sich artig für den besonderen Service. Griesgrämigkeit gehört nicht zu den hervorstechenden Charaktereigenschaften des HSV-Präsidenten. In schweren Stunden ist das hilfreich. Und so präsentierte sich der 55-Jährige am Sonntag schon längst nicht mehr so derangiert, wie er am Nachmittag zuvor trotz eines 2:1-Sieges gegen Borussia Mönchengladbach den erstmaligen Abstieg seines Herzensklubs hatte erleben müssen – garniert von Rauchbomben und Kanonenschlägen aus einem kleinen schwarzen Block hinter dem Tor, berittener Polizei und Hundestaffeln. Erst nach einer guten Viertelstunde hatte Schiedsrichter Felix Brych die in der Nachspielzeit unterbrochene Partie wieder anpfeifen können. Er beließ es bei einem symbolischen Abstoß des Hamburger Torhüters Julian Pollersbeck als Zeichen dafür, dass das Spiel sich nicht widerstandslos unterkriegen lässt von Randale.
Er sei „Augenzeuge einer Straftat in unserem Wohnzimmer“ gewesen, sagte Hoffmann angewidert und dankte der weit überwiegende Mehrheit im Volksparkstadion. Die hatte die gespenstischen Szenen mit Missfallenskundgebungen („Feiglinge“) in Richtung der Vermummten begleitet. Der Präsident fand es „ganz bemerkenswert, dass diese Gruppe isoliert wurde“. Die „nächsten Schritte“ seien die „Identifizierung und der Rausschmiss. Kompromisse gibt´s da nicht, diese Leute braucht kein Mensch“. Das sah, wenig verwunderlich, auch der Hamburger Innensenator Andy Grote so. Der SPD-Politiker verteidigte den zurückhaltenden Einsatz gegen die Aktionen „einiger kranker Köpfe“. Durch ein Einschreiten innerhalb des Blocks hätten „sehr schnell“ unübersichtliche Situationen entstehen können. Zudem sei „ehrlicherweise noch Schlimmeres befürchtet“ worden.
Als dann angesichts des Wolfsburger Sieges gegen Köln endgültig Schluss mit Bundesligafußball war in Hamburg und die Stadionuhr bei 54 Jahren, 261 Tagen, null Stunden, 36 Minuten und sechs Sekunden einfach weiterlief, haben sich die Absteiger in einer Art Triumphmarsch verabschieden dürfen. 13 Punkte mit überwiegend ansehnlichem Fußball unter Anleitung von Christian Titz aus den letzten acht Partien haben die Langzeitgedächtnisse der meisten Fans weitgehend ausgeschaltet. Zuvor hatten sich das kollektive Absingen gemeinsamen Liedguts („Mein Hamburg lieb ich sehr“) mit Phasen bizarrer Stille im Angesicht des Abgrunds abgewechselt. Sogar der ewige Optimist Titz saß hinterher angeknockt wirkend auf dem Podium der Pressekonferenz, durfte aber immerhin feststellen: „Wir haben uns würdevoll von den Leuten verabschiedet.“
Der Mannheimer Titz ist für den ersten Fußballclub in der stolzen Hafen-Metropole nun der Anker. „Seine exzellente Arbeit und die versammelte Emotion der Stadt haben nicht ausgereicht, um die Klasse zu halten“, stellte Bernd Hoffmann betrübt fest und will nun flink einen Vorstandsboss sowie einen Sportchef im Rang eines verantwortlichen Vorstands präsentieren. Freilich, ohne sich dabei von einer ungeduldigen Öffentlichkeit allzu sehr treiben zu lassen, denn: „Wir haben dem HSV mit überstürzten Personalien in den vergangenen Jahren keinen Gefallen getan.“
Er verspricht eine Trendumkehr: „Der Fokus muss wieder viel mehr auf Sport legen.“ Nur jetzt, so Hoffmann, müssten sie sich alle miteinander erst einmal daran gewöhnen, dass der HSV ein „sicherlich nicht ganz normaler Zweitligist“ sei, „der allerdings punktgleich mit den anderen 17 Mannschaften in die Saison geht“.
Alles auf null.