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Tokio im Visier

von Redaktion

Beim stark besetzten Weltcup in Garching-Hochbrück wirft Olympia 2020 schon seine Schatten voraus

von christopher meltzer

München – Wenn Maxi Dallinger reist, ist das meistens ziemlich aufwendig. Er schleppt Dinge mit sich, die man nicht einfach in einen Koffer stopft. Das Luftgewehr mit den vielen Einzelteilen, die Abdeckscheibe fürs Auge. Er packt, wie andere Puzzle spielen. Und weil der Deutsche Schützenbund (DSB) zu den Sportverbänden gehört, die nicht mal eben ein Flugzeug chartern können, fallen auch die Reiserouten hin und wieder abenteuerlich aus. Als Dallinger im Februar von der Luftgewehr-EM in Györ, Ungarn, zurückreiste, tuckerte er mit einem Bus nach Wien, von wo ihn ein Flugzeug nach München trug. In dieser Hinsicht sind viele deutsche Spitzensportler nicht verwöhnt.

Jetzt, da sich Dallinger, 21, auf den nächsten Weltcup vorbereitet, muss er aber keine komplizierte Reise einplanen. Der Luftgewehrschütze aus Lengdorf wird seine Tasche packen, ins Auto steigen und 40 Minuten später auf der Olympia-Schießanlage in Garching-Hochbrück einfahren, wo sich ab Dienstag die weltbesten Sportschützen (Gewehr und Pistole) für sechs Tage verabredet haben. Die Anreise, sagt er, „ist der einzig größere Vorteil, den München für uns bietet.“ In der Heimat wird Dallinger nur Außenseiter sein.

Er versucht gerade erst, sich in der Spitzengruppe des Weltcups festzubeißen. Obwohl er in Dachau zum Polizisten ausgebildet wird, verbringt er viel Zeit auf der Schießanlage. Wer als Sportler besonders talentiert ist, den fördert die Polizei mit einem Spitzensportprogramm. Eine Erfolgsgarantie ist das freilich nicht. Als die weltbesten Schützen sich neulich in Südkorea zum Weltcup versammelten, landete Dallinger auf Platz 27, drei Ränge schlechter als bei der WM in Ungarn. Damals sagte er: „Es waren stabile Leistungen, die man immer schießt. Aber wenn man vorne mitmischen will, braucht man das obere Limit.“

Dass er in diesen Bereich vorstoßen kann, hat Dallinger im Januar 2017 in München bewiesen. Beim Internationalen Wettkampf (IKW), vom Niveau direkt unter dem Weltcup einzuordnen, siegte er, hängte sogar den Rio-Finalisten Illia Charheika ab. Ein Wettkampf, der Mut machte.

Fast anderthalb Jahre tritt Dallinger nun in einem Wettbewerb an, der nicht gewöhnlich ist. Weil sich die Weltspitze zum letzten direkten Vergleich vor der WM in Südkorea im September trifft, hat die Veranstaltung eine besondere sportliche Brisanz. Speziell die 26 deutschen Schützen stehen im Fokus. Schnellfeuer-Olympiasieger Christian Reitz wird antreten, auch Pistolen-Ass Monika Karsch. Die Bundestrainer haben ihren WM-Kader noch nicht nominiert. Die Deutschen schießen ihre WM-Plätze intern aus, der Weltcup ist auch ihr letzter Formtest.

Dallinger will sich empfehlen, für die WM – und damit für Olympia. Denn in Südkorea werden die ersten Quotenplätze für Tokio vergeben. Die Olympischen Spiele diktieren die Szene. An ihnen werden Fördergelder verteilt, Trainingspläne erstellt. Wenn die Schützen in München ihre Waffen laden, sind die Spiele zwei Jahre entfernt. Im Visier haben sie Tokio aber längst.

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