1860 meistert seine schwerste Prüfung

Erlösender Festtag

von Redaktion

Endlich. Nach all den leidvollen, frustrierenden Jahren, die sich wie eine kleine Ewigkeit anfühlten. Endlich haben die Sechziger Grund zur Freude. Aufstieg. Der erste seit 25 Jahren. Das war mehr als Balsam auf die Löwen-Seele. Das war wie die Erlösung vom Fluch, sich stets als Verlierer fühlen zu müssen, stets von den Wonnen des Fußballs ferngehalten zu sein. Spätestens seit dem Abstieg aus der 1. Liga anno 2004 war der einst stolze TSV 1860 geschrumpft zum Verein der unerfüllten Hoffnungen, zu einem Verein, in dem immer wieder das Chaos und Machtkämpfe den Fußball zur mickrigen Nebensache degradierten. All das gilt es sich in Erinnerung zu rufen angesichts der erstaunlichen Hochgefühle, die gestern durch Giesing wogten.

Das wohl wichtigste 2:2 der Klubgeschichte, die Rückkehr in den bezahlten Fußball wurde bejubelt wie der Gewinn der Champions League. Dabei ist es gerade einmal ein Jahr her, dass bei den Sechzigern bleierne Endzeitstimmung ausgebrochen war. Sportlich abgestiegen und dann vom Investor Ismaik im Stich gelassen, hatten die Blauen einen Jahrhundertabsturz hingelegt, waren krachend in der Viertklassigkeit gelandet. Auch diese Vorgeschichte gehört zur Erklärung, warum der 27. Mai 2018 als weiß-blauer Festtag in die Vereinsannalen eingehen wird. Denn im Zustand der maximalen Demütigung haben es die Löwen geschafft, nicht nur zu überleben, sondern sich erfolgreich gegen das traurige Schicksal aufzubäumen.

Titanenarbeit hat hier vor allem Daniel Bierofka geleistet. Er war nach der Sport-Katastrophe vor einem Jahr nicht nur Trainer, sondern auch Manager, Antreiber, Mutmacher. Für die Fans ist er inzwischen fast schon ein Fußball-Heiliger. Der Kurs der neuen Bescheidenheit in der Regionalliga wurde zudem forciert vom Präsidenten Robert Reisinger und dem Sanierungsgeschäftsführer Markus Fauser. Es gelang dabei sogar, den unberechenbaren Hasan Ismaik einigermaßen zu beruhigen.

Die Löwen fanden in der Regionalliga und in ihrer lang vermissten Heimat, dem Grünwalder Stadion, ihr Glück – und vor allem zu sich selbst. Das Ergebnis: Endlich eine Saison ohne Skandale, dafür Siege, Tore, Aufstieg. Eher unwahrscheinlich, dass es nun in der 3. Liga gleich so weitergeht. Und auch scheint man sich mit Ismaik noch nicht so richtig zusammengerauft zu haben. Doch derlei Gedanken können momentan noch warten. Vorerst darf gefeiert werden. Wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr.

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