Karius schenkt Real den Henkelpott

von Redaktion

Zwei unglaubliche Patzer des deutschen Liverpool-Torhüters entscheiden Champions League-Finale – Drama um Salah

von stefan tabeling

Kiew – Die Tränen von Loris Karius waren nach der schlimmsten Nacht seines Fußballer-Lebens getrocknet, die Diskussionen um seine Zukunft beim FC Liverpool haben aber erst begonnen. „Er wird einen schweren Sommer haben“, prophezeite Reds-Legende Steven Gerrard dem deutschen Keeper nach dem persönlichen Desaster beim 1:3 im Champions-League-Finale gegen Real Madrid am Samstag. Der frühere Welttorhüter Oliver Kahn fügte als ZDF-Experte hinzu: „Das kann die Karriere eines Torhüters zerstören.“

Ein Torhüter, der im Olympiastadion von Kiew „in Einzelteile zerfiel“ wie das Lokalblatt „Liverpool Echo“ schrieb und den Königlichen um Weltmeister Toni Kroos und dem offenbar wechselwilligen Cristiano Ronaldo den historischen Sieg-Hattrick ermöglichte. Karius war nach seinen zwei Blackouts nicht zu trösten. „Es tut mir leid für alle, für das Team, für den ganzen Club. Ich habe sie im Stich gelassen. Diese Tore haben uns den Titel gekostet“, sagte er.

Mit einem aberwitzigen Abwurfversuch hatte Karius dem Franzosen Karim Benzema den Führungstreffer geradezu geschenkt, beim dritten Treffer ließ der 24-Jährige einen 35-Meter-Schuss von Gareth Bale durch die Finger flutschen. „Eine Schande, dass es in so einem Spiel passiert“, sagte Jürgen Klopp und fügte hinzu: „Das wünscht man seinem schlimmsten Feind nicht.“

Es war ein Albtraum – für Karius, für Klopp, für den FC Liverpool. Schon vor den Patzern des Keepers verletzte sich Superstar Mohamed Salah, ein Schock, von dem sich die Reds nicht erholten. Zwar traf Mane zwischenzeitlich zum 1:1, doch Bale eroberte die Führung mit einem spektakulären Fallrückzieher zurück. „Wir fühlen uns richtig schlecht. Es war nicht der beste Tag in unserem Leben, aber es ist ein Teil des Spiels. Ich mag diesen Teil nicht“, sagte Klopp. „In zehn Jahren wird keiner mehr darüber sprechen, wie wir verloren haben.“

In den nächsten Tagen und Wochen schon, insbesondere über Karius. Die Torhüter-Diskussion war in Anfield nie verstummt und dürfte nun das große Sommer-Thema werden. Denn Karius hat seit seinem Wechsel 2016 nach einem holprigen Start einen schweren Stand. Zwischenzeitlich verlor er seinen Stammplatz an den Belgier Simon Mignolet, der aber auch nicht besser spielte. Erst seit Jahresbeginn war er wieder die Nummer eins, danach stand in 32 Spielen insgesamt 16 Mal die Null. Das zählt nach Kiew nicht mehr.

„Es ist das Leben eines Torhüters. Man muss wieder aufstehen“, sagte Karius. Auf dem Rasen des Olympiastadions war er der einsamste Mensch – seine Teamkollegen ließen ihn nach dem Abpfiff allein.

Es waren die Spieler von Madrid, die als erstes bei Karius waren und noch vor ihrer merkwürdig routiniert wirkenden Siegerparty dem Pechvogel Beistand leisteten. „Man kann sich vorstellen, wie er sich fühlt, wenn man auf so einer Bühne zwei solche Fehler macht. Mitleid braucht er nicht, das will auch keiner“, meinte Weltmeister Toni Kroos. Ob Karius trotz Vertrag bis 2021 noch eine Chance erhält, ist fraglich.

Ein Drama anderer Art erlebte Salah. Der Ägypter, der 44 Tore in dieser Saison erzielte, zog sich beim „Wrestling“ (Klopp) mit Real-Verteidiger Sergio Ramos eine Bänderverletzung in der linken Schulter zu und musste vom Feld (31.). Es war der Knackpunkt im Spiel des 18-maligen englischen Meisters. Hatte Liverpool die Königlichen bis dahin arg in die Bredouille gebracht, kippte nun das Spiel. „Der Schock bei den Jungs war offensichtlich“, sagte Klopp. „Wir hätten gewinnen können.“

Die Real-Feier nach dem Triumph wurde getrübt von einer Aussage von Superstar Ronaldo, der Wechselgedanken andeutete. „Es war sehr schön, bei Real Madrid zu spielen“, sagte er nach dem Triumph. Die Königlichen wollen CR7 freilich nicht ziehen lassen. „Er muss bleiben, er wird bleiben“, erklärte Trainer Zidane.  Auch Bale, der Mann des Finales, erwägt einen Abschied aus Madrid. „Ich muss jede Woche spielen. Ich werde mit meinem Berater sprechen und über meine Zukunft nachdenken“, so der Waliser.

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