München – Pini Zahavi sieht so aus, wie man sich im Film den skrupellosen Strippenzieher vorstellt. Die Haare sind für einen Mann von Mitte 70 einen Tick zu lang und auf eine Weise tiefdunkel, dass es sich unmöglich um die natürliche Farbe handeln kann. In der Öffentlichkeit trägt er gerne eine verspiegelte Sonnenbrille, und wenn er etwas Wichtiges zu sagen hat, klingt er im Tonfall zwar angenehm unverbindlich. In der Sache aber ist er knallhart.
Am Mittwoch erschien in der „Sport Bild“ ein Interview mit dem Berater, in dem er sich so freundlich wie unmissverständlich zur Zukunft von Robert Lewandowski (29) äußerte, der seit Februar sein Klient ist. Schon damals wurde die Personalie als Indiz gedeutet, dass der polnische Stürmer seinen Abschied vom FC Bayern anbahnt. Zahavi gilt als der Mann für die ganz großen Transfers und hatte auch beim 222-Millionen-Deal um Neymar seine Finger im lukrativen Spiel.
Seit Mittwoch besteht kein Zweifel mehr, dass es dem Angreifer ernst ist. Zahavi berichtet von Lewandowskis Gefühl, „dass er eine Veränderung und eine neue Herausforderung in seiner Karriere braucht“, die Bayern seien bereits darüber informiert. Entscheidend seien „nicht Geld oder ein bestimmter Club, denn fast alle Top-Clubs hätten gerne den besten Stürmer der Welt in ihren Reihen“.
Manager müssen so reden. Bewusst verschweigt Zahavi, dass Lewandowski in den entscheidenden Spielen gegen Eintracht Frankfurt und besonders Real Madrid nur eine sehr dezente Rolle spielte, weit entfernt von jeglicher Weltklasse. Zum allerersten Mal in seinen vier Jahren in München, in denen er in 195 Pflichtspielen 151 Tore erzielte, wurde der Torjäger danach ernsthaft in Frage gestellt. Sein sensibles Stürmergemüt empfand die Kritik als Majestätsbeleidigung. Das allein wäre für einen Mann dieses Kalibers ein Grund gewesen, an einen Wechsel zu denken. Aber Lewandowski wollte ja eh schon länger weg.
Während seine Schritte der vergangenen Monate – das „Spiegel“-Interview zur Transferpolitik der Bayern, der neue Manager, jegliches Fehlen von Teamgeist – so aussehen, als folgten sie einem großen Plan, stand für den Verein die weitere Zusammenarbeit offiziell niemals in Frage. Erst vor zwei Wochen verwies Karl-Heinz Rummenigge gegenüber unserer Zeitung auf Lewandowskis Vertrag: „Entscheidend ist die Laufzeit. Und wenn ein Klub das durchziehen kann, sind wir das.“
Die Halbwertszeit solcher Aussagen ist im Fußball allerdings gering. Auf Prinzipien zu beharren, bringt einem in der Öffentlichkeit viel Applaus ein, intern aber auch eine Menge Stress. Der Vergleich mit Franck Ribery, dem die Bayern 2009 einen Wechsel zum FC Chelsea untersagten und der die Bayern längst in seinem Herzen trägt, verbietet sich aus zwei Gründen. Erstens geht es auf dem Transfermarkt heute noch wesentlich rigoroser zu als damals. Und zweitens dürfte es einem stocknüchternen Menschen wie Lewandowski herzlich egal sein, ob es im Verein familiär zugeht oder kommerziell-kühl.
Der Pole hat sich am Mittwoch auf einer Pressekonferenz seiner Nationalmannschaft geäußert, und auch wenn seine Worte banal klangen, sagte er doch eine ganze Menge. Er denke jetzt, wo die WM anstehe, „überhaupt nicht über Clubfragen“ nach. „Das sind Dinge, um die sich mein Agent kümmert.“ Genau das tut Pini Zahavi, und durch sein zeitlich geschickt platziertes Interview, mit pietätvollem Abstand zum Saisonende und in sicherer Entfernung zum WM-Auftakt, ist das Thema jetzt in der Welt.
Dort wird es die nächsten Wochen, eher Monate vor sich hinköcheln. Erste potenzielle Interessenten (FC Chelsea, Paris Saint Germain) werden ebenso schon gehandelt wie mögliche Nachfolger für Lewandowski. Sehr originell sind die Ergebnisse nicht. Genannt werden vor allem Spieler, die dem Bayern-Stürmer im Fall der Fälle wohl weichen müssten: Der Spanier Alvaro Morata (25) in London, der Uruguayer Edinson Cavani (31) in Paris.
Pini Zahavi hat netterweise angeboten, den Bayern bei der Suche nach einem Nachfolger zu helfen – und gleich den nächsten Großtransfer abzuwickeln. Im Drehbuch würde sich diese Geste als Pointe sehr gut machen.