Zidanes Abschied als Branchen-Trend

Keine Zeit für Wengers

von Redaktion

Man soll ja bekanntlich gehen, wenn es am schönsten ist, und wenn man sich nach dieser Devise richtet, hat Zinedine Zidane genau das Richtige getan. Der am Donnerstag verkündete Abschied aus Madrid folgte keine 120 Stunden nach dem historischen dritten Coup in der Champions League. Die Bilder, die aus 878 Tagen bei Real nachwirken, sind die, die den Franzosen mit dem schillernden Henkelpott zeigen. Schon vergessen hingegen: jene als peinlicher Pokal-Ausgeschiedener und Liga-Dritter.

Diese Branche ist schnelllebig und wird immer schnelllebiger. Das sieht man an der Schwarz-Weiß-Malerei rund um ihre Protagonisten genauso wie beim Blick auf den Trainermarkt, auf dem Zidane nun für den nächsten Paukenschlag gesorgt hat. Er ist nicht der erste junge Coach, der Schluss macht, obwohl er beste Perspektiven hat: Eine Anstellung bei einem Topclub, ein horrendes Gehalt, Stars in den eigenen Reihen, Millionen auf dem Clubkonto. Dass Zidane – wie einst Pep Guardiola – dennoch eine Pause vorzieht, unterstreicht die Entwicklung im Fußballbusiness, leider nicht im positiven Sinne.

Wann immer Jupp Heynckes in seiner vierten Amtszeit in München davon sprach, wie kräfteraubend der Trainerjob bei einem großen europäischen Club sei, konnte man oberflächlich bleiben und den Verschleiß an Substanz auf sein Alter schieben. Wenn aber einer wie Zidane – 45, auf seiner ersten Station – ein Wort wie „zermürbend“ in den Mund nimmt, ist das alarmierend. „Weichei“ sagen Kritiker hinter vorgehaltener Hand, zudem bekomme der Mann ja genug „Schmerzensgeld“. Vergessen sollte man aber nicht, dass das Geflecht aus Sport, Medien und Wirtschaft einen Erfolgsdruck hat entstehen lassen, dem nur wenige Menschen – und auch diese nur temporär – gewachsen sind bzw. sein können. Männer wie Arsene Wenger wird es nicht mehr geben.

Dass sich das Trainerkarussell immer schneller dreht, hat einerseits mit den Reizen der Großclubs zu tun, andererseits aber auch mit dem Umfeld, das sich an allen begehrten Stationen des Kontinents gleicht. Erfolg wird gemeinsam gefeiert, Misserfolg hingegen in alle Richtungen ausgeschlachtet. Zidane hat klar erkannt, dass er den Umbruch, der bei Real bevorsteht, unter diesen Voraussetzungen nicht moderieren kann. Ein Fehlgriff – und er stünde am Pranger. Immer und immer wieder.

Er geht nun also offiziell, wo es am schönsten ist. Aber in seinem Kopf sind die Bilder, die seine dritte Saison bei Real vor der Feier mit dem Henkelpott geprägt haben, keineswegs vergessen. Vielmehr haben sie ihn dazu bewegt, einen so genannten „Traumjob“ aufzugeben. Einen, der keiner mehr ist.

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