Guerrero Küsschen

von Redaktion

Perus Star nach Dopingsperre in WM-Form – zwei Tore bei Comeback

VON ANDREAS WERNER

München – Für seinen großen Traum von der WM überwand Paolo Guerrero sogar seine Flugangst. Als seine Doping-Sperre in der Schweiz verhandelt wurde, stieg er in Brasilien in einen Jet, um persönlich vor Ort zu sein. „Ich habe in keiner Form Kokain konsumiert“, hatte er bereits mehrfach beteuert, am Donnerstag wurde dem 34-Jährigen nun endgültig und rechtzeitig Gnade gewährt. Die Sperre gilt nun als provisorisch ausgesetzt, Guerrero ist in Russland dabei, wenn Peru erstmals seit 1982 wieder bei einer WM startet. Die Richter ließen einfließen, dass es keine Anzeichen für ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln gab – zudem wollte man ihm die Krönung seiner Karriere nicht verwehren.

Perus Kapitän feierte seine Begnadigung standesgemäß. Beim 3:0 über Saudi-Arabien am Wochenende zeigte er mit einem Doppelpack, wie sehr er auf die WM brennt. Guerrero Küsschen – für sein Land ist er der, der den Genuss ausmacht. Als er im Oktober im Anschluss an das 0:0 gegen Argentinien in der WM-Qualifikation für 14 Monate gesperrt worden war, herrschte pures Entsetzen. Es ging hin und her seitdem, Guerrero lamentierte, er wisse nicht, wie alles zu erklären sei. „Ich habe in Peru einen Anis-Tee getrunken, weil ich eine Magenverstimmung hatte. Und in Argentinien habe ich einen Schwarztee mit Zitrone und Honig getrunken, weil ich eine Grippe hatte. Ich beschuldige niemanden, aber die Substanz könnte in der Tasse oder Kanne gewesen sein.“ Er durfte in der Nationalelf und bei Flamengo Rio de Janeiro nicht mehr stürmen.

Aber Guerrero kämpfte, er gab nicht auf und wurde gestern ins endgültige Aufgebot berufen. Bereits mit 20 Jahren begann seine Karriere im Nationalteam – damals startete er beim FC Bayern durch. Der Peruaner schien das Zeug zu einem Münchner Publikumsliebling zu haben. Im Herbst 2004 sangen die Fans im Pokal-Achtelfinale gegen Stuttgart seinen Namen, obwohl er nur auf der Bank saß. Felix Magath wechselte ihn ein, sofort legte er Roy Makaay den 3:0-Siegtreffer auf. Binnen 24 Stunden erreichte er damals zwei Mal die Runde der letzten Acht – zuvor hatte er beim 3:2 über Braunschweig Bayern II mit zwei Treffern weitergeschossen. Sein Tor-Debüt in der Bundesliga lag da auch gerade mal eine Woche zurück, und Gerd Müller, damals im Trainer-Stab, sagte über ihn: „Er hat alles drauf, er kann ein Großer werden.“

Guerreros Karriere verlief dann aber wellenartig, er ging zum Hamburger SV und 2012 nach Brasilien, erst zu Corinthians Sao Paulo, schließlich zu Flamengo. „Schön und gut, dass du in der Regionalliga Torschützenkönig warst“, sagte Hermann Gerland einst zu ihm, „aber du musst dich an Spielern wie Makaay oder Zlatan Ibrahimovic messen.“ Beide sind bei dieser WM schon lange Geschichte – Guerrero hebt verspätet ab.

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