Untergang im Stadion der Azteken

von Redaktion

Bei den Deutschen tun sich viele Probleme auf: Offene Abwehr, indisponierter WM-Spezialist, konfuser Khedira

Von Günter Klein

Moskau – Es war das Luschniki-Stadion in Moskau, in dem sich die deutsche Mannschaft zu ihrem WM-Auftakt Mexiko stellte. Es klang aber wie das Aztekenstadion, so mexikanisch laut war es. Ein echtes Auswärtsspiel. Wie die Spieler dabei ein jeder für sich abgeschnitten haben:

Manuel Neuer: Stimmt schon, man hat schnell vergessen, dass er länger weg war. Ist wie gewohnt wieder bis zu dreißig meter vorm eigenen Tor unterwegs, strahlt was aus, wenn er sich ins Fünfmeterraum-Getümmel wirft. Der Schuss zum 0:1 war gut sichtbar, aber gut platziert. In der zweiten Halbzeit hatte er kaum noch etwas zu tun. Note: 3,0

Joshua Kimmich: Das Problem des Verteidigers ist, dass er kein Verteidiger ist, sondern Flügelstürmer. In der 2. Minute wurde er erstmals überspielt, in defensiven Zweikämpfen benötigte er Fouls, und die Seite, die er zu besetzen hatte, klaffte weit offen. Seinen Wert hatte der Münchner, wenn es nach vorne ging. Da war alles in Ordnung: die Vertikalpässe, das Tempo, die Flanken. Auch ein Fallrückzieher (65.). Note: 3,5

Jerome Boateng: Bei der ersten mexikanischen Angriffsaktion musste er schon retten. Er stand meist besser als sein Nebenmann Hummels, seine Vorwärtsbewegung war planvoller. Schöne Anspiele zu Kimmichs Fallrückzieher und auf Reus. Solide Vorstellung, er ist zurück Note: 2,5

Mats Hummels: Warum nur immer dieses unkontrollierte Herausrücken, diese Flucht nach vorne, das Dribbling an der Mittellinie? Ja, er hatte einige Grätschen und Einsätze, die Schlimmeres verhinderten – doch richtete auch einiges an. Vor dem 0:1 rutschte er weg, als er noch hätte klären können. Der Typus kleiner mexikanischer Dribbelstürmer lag ihm nicht. Holte sich auch eine Gelbe Karte ab. Note: 3,5

Marvin Plattenhardt: Jonas Hector vergrippt – schon kam der Berliner zu seinem WM-Spiel. Ein Fremdkörper. Er konnte nichts daraus machen, dass die Mexikaner über seine Seite keinen Druck aufbauten, wirkte unsicher, wartete auf die Lauf- und Stellungsbefehle aus der Innenverteidigung. Note: 5,0

Sami Khedira: Der offensivere der beiden zentralen Mittelfeldspieler. Versuchte um den gegnerischen Strafraum herum zu wirken oder sich in Mittelstürmerposition zu schleichen. Die Ballsicherheit, die ihn sonst auszeichnet, ließ er vermissen. Leitete mit einem Vertändeln den mexikanischen Konter zum 0:1 ein und lud die Hauptschuld am Tor auf sich. Gegen seine Auswechslung war nichts einzuwenden. Note: 5,0

Toni Kroos: Kurz vor der Halbzeit landete ein Freistoß von ihm, touchiert noch vom Torwart, an der Latte. Seine auffälligste Szene neben einigen weiteren Schüssen aus der Distanz. Man hätte vom Champions-League-Star mehr Einfluss aufs deutsche Spiel erwartet. Läuferisch hatte er Probleme. Note: 3,5

Thomas Müller: Wo war der magische Müller-WM-Moment? Es gab keinen (abgesehen von einer wegen Abseits abgepfiffenen Situation). Der Münchner bot sich verzweifelt an, arbeitete nach hinten, doch kam nicht zur Geltung, hing völlig in der Luft. Das wohl schwächste Spiel seiner imposanten WM-Laufbahn. Belastete sich auch noch mit einer Gelben Karte. Note: 5,0

Mesut Özil: Wirkte nicht, als hätte ihn die kritische Haltung er Deutschen zu ihm irgendwie angefasst. Einer der wenigen ballsicheren und abgeklärten deutschen Spieler. Die großartige zündende Idee kam von ihm allerdings auch nicht. Musste, als das Gegentor fiel, hinten aushelfen – nicht seine Spezialität. Note: 3,5

Julian Draxler: Lief in der ersten Halbzeit neben der Musik her, die die Mexikaner machten. In der zweiten, als seine Leute mehr Druck machten, besser eingebunden, gutes Kurzpassspiel, aber im Abschluss ohne Klasse. Note: 4,5

Timo Werner: Der Leipziger setzte anfangs seine Schnelligkeit ein und hatte einen guten Moment, als er, umringt von drei Grünen, zum Abschluss aus der Drehung kam. Klassisch hinter die Abwehr des Gegners zu kommen war schwer, es gelang ihm nur einmal, dafür hatte das Spiel auch nicht den passenden Zuschnitt. Note: 4,0

Marco Reus: Ihn hätten sich viele Fans gleich in der Start-Elf gewünscht – wenn er schon mal gesund ist. Kam nach einer Stunde für den indisponierten Sami Khedira. Nahm die Position hinter der Spitze ein. Einmal in halbrechter Schussposition – drüber. Mit ihm wirkten die Deutschen stärker. Note: 3,0

Mario Gomez: Ersetzte Plattenhardt – alles nach vorne also in den etwas mehr als zehn letzten Minuten. Gute Präsenz, war sofort im Spiel, hatte eine Kopfballszene. Klare Empfehlung fürs Schweden-Spiel. Keine Note

Julian Brandt: Ein Dribbler als letzte Option. Kam in der 89. Minute gefährlich zum Schuss. Keine Note

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