Kimchi-Jogi und das eine Prozent

von Redaktion

Südkoreas letzte und sehr kleine Chance: Mexiko ist das Vorbild

Kasan –Tae-Yong Shin ist bei dieser WM ein bisschen berühmter geworden, als das allein aufgrund seines Amts – Trainer der südkoreanischen Auswahl – möglich wäre. Die Medien haben festgestellt, dass der drahtige Mann im Auftreten vor seiner Bank, in Körpersprache, der Art, sich zu gewanden (tailliertes Hemd) und auch der schwarzen Haare (aber nicht so dicht und helmartig) dem großen Joachim Löw ähnelt. Sozusagen der „Kimchi-Jogi“.

Unausweichlich, dass er vor dem heutigen Spiel gegen Deutschland auf diesen Vergleich angesprochen wird (von RTL – auch klar). Er lächelt. „Für mich persönlich ist das eine große Ehre. Löw ist der beste Trainer der Welt. Er zieht sich sehr modisch an und ist ein wunderbarer Mensch.“

Tae-Yong Shin verkörpert aber nicht nur den derzeitigen deutschen Coach, sondern auch den gleichermaßen bekannten, der 1954 den ersten Weltmeister-Titel für den DFB geholt hatte: Sepp Herberger. Dessen zentrale Weisheit war, dass der Fußball doch so unberechenbar ist. Sein Satz dazu: „Der Ball ist rund.“ Tae-Yong Shin sagt das mehrfach: Der Ball ist rund. Soll heißen: Auch wenn es nicht gut aussieht für sein punktloses Team – hoffen muss man.

„Unsere Chance, dieses Spiel zu gewinnen, liegt bei einem Prozent“, erklärt der südkoreanische Trainer. „Die Gruppe ist nicht nach Plan verlaufen. Wir hatten gedacht, dass die Deutschen gegen Mexiko und Schweden gewinnen und das dritte Spiel für uns dadurch leichter wird. Jetzt ist die Situation komplexer.“ Als die Koreaner am Samstag von ihrem Spiel gegen Mexiko (1:2) Richtung Flughafen und Basecamp St. Petersburg aufbrachen, taten sie das mit dem Wissen, dass es zwischen Deutschland und Schweden kurz vor Schluss 1:1 stand. „Vom Freistoßtor von Toni Kroos haben wir erst am Flughafen erfahren. Es gibt uns Hoffnung.“ Heung-min Son, der ehemalige Bundesligaspieler (HSV, Leverkusen – jetzt in England bei Tottenham), hatte da gerade tränenreiche Momente hinter sich. Er erklärt seine Gefühle: „Als Koreaner ist es für mich das Größte, bei einer WM dabei zu sein. Ich vertrete das koreanische Volk und fühle mich ihm gegenüber pflichtschuldig.“ Er hat keinen Sieg bieten können, darum weinte er. Es ist seine zweite WM („Vor vier Jahren war ich unreif“) – und wieder droht ein Turnier im Vorrunden-Aus zu enden.

Aber wie gesagt: Man sieht die Ein-Prozent-Chance. Man will es so angehen, wie die Mexikaner es gegen die Deutschen angegangen sind (beim 1:0-Sieg). „Wir werden alles geben, auch im Training“, sagt Tae-Yong Shin. Zwei Minuten später erfährt er, dass das Abschlusstraining entfällt: Es hat gehagelt, der Platz steht unter Wasser, an der Eckfahne rüttelt der Wind. Günter Klein

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