Ein Achtelfinale bei der CSU

von Redaktion

Von Edmund Stoiber, dem großartigsten Fußballkommentator aller Zeiten, gibt es eine wunderbare Weisheit über Sieg und Niederlage. „Wer ein Trio vorne hat wie Ronaldo, Ronaldinho und, äh, äh, die anderen Brasilianer, Roberto Carlos und Rivaldo dazu noch, und Ronaldinho“, so hob Stoiber also an. Während seine Zuhörer noch versuchten, sich das Vierer-Trio sowie die anderen Brasilianer zu vergegenwärtigen, vollendete Stoiber kühn: „Das dann verloren zu haben, das ist zwar bitter. Aber nicht so bitter.“

Bitter, aber nicht so bitter – ist das nicht genau, was wir uns so oft denken bei dieser WM? Dann auf zum Achtelfinale in der neuen CSU-Parteizentrale im Münchner Norden. Da gibt es einen Warteraum in schwärzester Heimeligkeit, an der Wand ein Kruzifix und ein überdimensionaler Werbebildschirm voll mit Bildern von Markus Söder. (Leider fehlt die in Fachkreisen legendäre Aufnahme, wo er sich stolz ein FC-Bayern-Trikot über den Leib zieht. Mit der Rückennummer nach vorn.)

Ach ja, und ein Fernseher. Auf dem läuft also das dramatische Achtelfinale der Kroaten gegen die Dänen. Davor lungern neben- und übereinander ein paar Dutzend Politikjournalisten und Fotografen. Sie warten weitgehend unterbeschäftigt auf das Ende der CSU-Vorstandssitzung zwei Zimmer weiter, wo Horst Seehofer am Nachmittag eine „persönliche Erklärung“ angekündigt hat. Das zieht sich aber, der Fernseher ist da eine willkommene Zerstreuung.

Mit Polit-Korrespondenten Fußball zu schauen, ist eine etwas nerdige Sache. Sie könnten zwar im Raum nebenan alle den Finanz- vom Innenstaatssekretär unterscheiden, und das notfalls an der Form seines Krawattenknotens; aber fragen nach der ersten Halbzeit Kroatien-Dänemark gern mal kritisch, warum die Schweden heute in Rotweiß spielen. Überhaupt glotzen sie fortwährend auf ihre Handys, ob nicht der Staatssekretär doch noch irgendeine Sensation aus der Sitzung („Eil: Kaffee verschüttet“, „Achtung Redaktionen: Keks zerbrochen“) nach draußen smst.

Spät zieht das Spiel die Runde in den Bann. Im Elfmeterschießen. Nach dem vierten verschossenen Ding murmeln die Politikexperten fasziniert, das sei also diese „Wirkungsgleichheit, von der Merkel so oft redet“. Als dann, kein Spaß, genau während des Elfmeterschießens Horst Seehofer drinnen im Sitzungssaal seinen Rücktritt ankündigt, bekommt es die Hälfte der Korrespondenten schlicht nicht mit. Die aufgeregten Rufe ordnen sie erstmal den Fußballfans zu.

Herrjeh. Es wird der Analyse Stoibers bedürfen. Bald nach dem 14. Oktober wird er es der Welt erklären: „Wer ein Duo vorne hat, wie Söder und Seehofer und, äh, die anderen CSUler“, wird er rufen, „Stoiber und Scheuer dazu noch, und Seehofer. Das dann verloren zu haben, das ist zwar bitter. Aber nicht so bitter.“

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