WM Gespräch mit ... Andreas Wellinger

„. . . dann ist der Sport halt gnadenlos“

von Redaktion

-Herr Wellinger, Sie sind ein großer Fußball-Fan, aber eben auch Skispringer. Wie verträgt sich das im Moment?

Ach, zum Teil ganz gut, zum Teil weniger. Manchmal machen es die Tagesabläufe schwierig. Man verbringt Zeit im Training oder im Bus. Vom ersten Deutschland-Spiel habe ich leider nur die letzten zehn Minuten gesehen.

-Ist das die kleine Rache des aus Österreich stammenden Bundestrainers?

Nein, Werner ist ja auch ein Vollblutsportler und hat Verständnis. Allerdings: Es ist bei den Österreichern im Fußball halt so, dass sie nur dabei sind, wenn sie Ausrichter sind – ich weiß, dünnes Eis nach der Niederlage in der Vorbereitung …

– Aber letztlich haben die zehn Minuten vermutlich auch gereicht…

Klar, das haben wir uns alle besser vorgestellt. Aber das Gefühl, dass sie sich als Mannschaft vorgenommen hatten, haben sie irgendwie nicht auf den Platz bekommen. Man hat den Eindruck gehabt, dass sie das Potenzial einfach nicht aus sich rausgekitzelt haben. Und dann ist der Sport halt gnadenlos und kann eine Mannschaft ganz schnell ausspucken. Da muss man gar nicht vom Titel reden. Dass der Erfolg von 2014 schwer zu wiederholen ist, war ja irgendwo auch klar.

-Vermutlich auch ihr größter WM Moment?

Ja, klar, das war natürlich der Höhepunkt. Wobei die Heim-WM 2006 von der Atmosphäre schon auch ganz speziell war. Und 2010 durfte ich mal ein Spiel auf der Fanmeile in Berlin erleben. Das war schon auch etwas sehr Besonderes für mich von der Stimmung her.

-Vergleichbares wird es nun sicher nicht geben. Hat aber auch einen Vorteil: Die Ablenkung vom Training ist jetzt wenigstens geringer, oder?

Ach, ich schaue mir das Turnier schon an. Da sind schon noch tolle Spiele dabei. Erst jetzt gerade, England gegen Kolumbien, das war doch sehr spannend. Den Torwart verladen und den Ball in die Ecke donnern, dass ist doch, wie man sich ein Elfmeterschießen vorstellt. Vom Spielerischen fand ich Japan gegen Belgien schon sehr außergewöhnlich. Auch ein sehr spannendes Spiel. Und ich glaube, da kommt auch noch einiges bei diesem Turnier in den letzten Spielen. Wobei es von den Ergebnissen her schon eine komische Weltmeisterschaft ist.

-Inwiefern?

Naja, es ist sehr spannend zu sehen, wie sich Mannschaften weiter kämpfen, mit denen man vorher vielleicht nicht unbedingt gerechnet hat. Wie Schweden zum Beispiel, die zwar gegen Deutschland knapp verloren haben, sich dann aber mit einem unglaublichen Willen bis ins Viertelfinale gearbeitet haben. Auf der anderen Seite sind die meisten Favoriten schon raus. Das ist schon etwas überraschend.

-Ihr Favorit ist auch weg?

Nein, mein Favorit ist noch im Rennen. Ich habe vor dem Turnier auf Frankreich getippt. Schauen wir mal. Wobei ich sagen muss, dass ich im Tippen am Anfang besser war als ´jetzt.

-Ist die WM bei Ihnen ein Teamerlebnis?

Wo es ging, wie beim Lehrgang in der Ramsau oder jetzt in Seefeld, haben wir schon zusammen geschaut. Da ist die Begeisterung bei den einen groß, bei den anderen weniger. Und es gibt die Sticheleien, wer beim Tippen besser liegt, ganz klar.

-Wer ist denn der beste Kicker?

Wir haben mehr und weniger begabte Leute mit den runden Objekten. Aber ich glaube der Stephan (Leyhe), der Rich (Freitag, Anm. d. Red.) und ich sind teilweise nahe dran, das Kreuzeck zu treffen…

Interview: Patrick Reichelt

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