Früher traf sogar der „Entlauber“

von Redaktion

In den vergangenen 56 Jahren gab es nur eine WM ohne Bayern-Tore, jetzt droht die zweite – Letzte Hoffnung Tolisso

von simon nutzinger

München – Die Bayern-Stars hat das Schussglück verlassen. Wirbelten sie bei der WM vor vier Jahren noch alle Abwehrreihen durcheinander, weht heuer nur ein laues Lüftchen. 20 bayerischen Toren in Brasilien stehen vor dem Beginn der Viertelfinals deren null in Russland gegenüber. Nicht einmal WM-Tormaschine Thomas Müller oder Bundesliga-Torschützenkönig Robert Lewandowski schafften es, den Ball über die Linie zu drücken.

Retten kann die Bayern-Bilanz nur noch Correntin Tolisso. Der französische Mittelfeldspieler, der heute mit seinem Team auf Uruguay trifft, ist der letzte verbliebene Münchner im Turnier. Seine zehn Kollegen von der Isar – bereits ausgeschieden. Trifft auch Tolisso nicht, bedeutet das die erst zweite WM ohne Tor eines Bayern-Stars seit 1966. Bis heute gingen sie nur 1990 in Italien leer aus.

Kurioserweise war es schon einmal einem Franzosen vorbehalten, die Fahne des FC Bayern hochzuhalten. Bixente Lizarazu glückte 1998 als einziger Bayern-Spieler ein WM-Tor. Im Gruppenspiel gegen Saudi-Arabien traf der Linksverteidiger für den späteren Titelträger zum 4:0-Endstand.

Für den ersten bayerischen WM-Torjubel überhaupt sorgte – wer auch sonst – der „Kaiser“ persönlich. Unwiderstehlich tänzelte der damals gerade einmal 20-jährige Franz Beckenbauer 1966 in England über das Spielfeld. Bei seiner WM-Premiere gegen die Schweiz trug er mit einem Doppelpack zum 5:0-Sieg bei. Im Laufe des Turniers, das für die DFB-Elf erst mit einer Finalniederlage gegen die Gastgeber endete – Stichwort: Wembley-Tor –, traf Beckenbauer noch zwei weitere Male. Der Startschuss einer Weltkarriere.

In des „Kaisers“ Fußstapfen sind seither reichlich Bayern getreten. 24 um genau zu sein. Während der einigermaßen informierte Fußballfan bei Namen wie Gerd Müller, Karl-Heinz Rummenigge oder Lothar Matthäus vermutlich nur registrierend nickt, haben sich auch ein paar Torschützen in die ruhmreiche Liste geschlichen, die durchaus überraschen.

Adolfo Valencia ist so ein Kandidat, bei dem insbesondere Beckenbauer mit dem Kopf schütteln dürfte. Versah er den Kolumbianer, der in der Saison 1993/1994 immerhin elf Treffer für den Rekordmeister erzielte, doch einst mit dem wenig liebevollen Spitznamen der „Entlauber“. Bei einem Schusstraining in Herzogenaurach hatte Valencia so oft und so weit danebengeschossen, dass sich Interims-Coach Beckenbauer um die naheliegenden Bäume sorgte. Bei der WM 1994 in den USA strafte der Belächelte den „Kaiser“ Lügen. In drei Vorrundenspielen traf Valencia zweimal.

Auf der Seite der Nichtdeutschen ragt Arjen Robben heraus. Mit fünf Torerfolgen ist er der erfolgreichste ausländische Bayern-Spieler in der WM-Historie. Ihm zur Seite stehen altbekannte Gesichter wie Roque Santa Cruz, Zé Roberto und Martin Demichelis. Nur noch den Wenigsten ein Begriff ist hingegen Conny Torstensson. Der Schwede sorgte einst als „Mr. Europacup“ für Furore in München – zwischen 1973 und 1977 brachte es Torstensson in 23 Spielen im Landesmeister-Pokal auf 12 Treffer. Bei der WM 1974 schoss er in der Zwischenrunde das 2:1 gegen Jugoslawien.

Dass es nicht einmal zwingend nötig ist, fester Bestandteil der Münchner Profimannschaft zu sein, um bei der WM zu glänzen, bewies 2014 Julian Green. Der heutige Fürther kam damals hauptsächlich im Regionalliga-Team der Bayern zum Einsatz. US-Coach Jürgen Klinsmann nahm ihn trotzdem mit nach Brasilien – und bewies damit ein gutes Händchen. Nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung traf Green in der Verlängerung des Achtelfinals gegen Belgien zum 1:2-Anschluss. Das Aus verhindern konnte er damit jedoch nicht.

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