Schiedsrichter als Spielball

von Redaktion

Das WM-Aus von Brych wird von vielen Ungereimtheiten begleitet – der Münchner verspricht: „Wir kommen wieder“

VON ANDREAS WERNER

München – Felix Brych wollte sich nicht äußern, sicher wusste er: jedes Wort in der Sache wäre jetzt eines zu viel. Nach seinem WM-Aus gab der Münchner nur einen Satz frei, der aber alles aussagte: „Der Verlauf der WM ist für mein Team und mich natürlich eine herbe Enttäuschung. Aber das Leben geht weiter, und wir kommen wieder.“

Gestern landete Brych in der Landeshauptstadt, in den nächsten Tagen wird er sein Privatleben nachholen, das in der Vorbereitung auf das Turnier gelitten hatte. Auf seine zweite WM nach 2014 in Brasilien hatte sich der 42-Jährige aufs Beste vorbereitet, er war mit viel Optimismus angereist – zurecht, denn Weltschiedsrichter wird man ja nicht einfach so, sondern weil man allgemeine Wertschätzung genießt. Brych begriff es als eine Extra-Motivation, seine vorherigen Leistungen auf Top-Niveau erneut zu bestätigen.

In Russland aber wurde er als Schiedsrichter plötzlich zum Spielball – und nicht gerade fair behandelt. Zunächst musste er lang auf seinen ersten Einsatz warten, dann bekam er in Schweiz gegen Serbien eine der heikelsten Vorrundenpartien zugeteilt. Hier beginnen die Ungereimtheiten: In der Szene wird gemunkelt, man habe ihn scheitern sehen wollen. Das Spiel lief schief; einige Schweizer mit Wurzeln im Kosovo provozierten wie befürchtet die Serben, doch auch Brych machte einen Fehler, indem er bei einer Elfmeterentscheidung seinen Videoassistenten nicht konsultierte. Dass er aber nur wegen diesem einen Spiel neben vier anderen Referees nach Hause geschickt wurde, ist fraglich. Beziehungsweise: Wenn, dann weil deswegen im Nachgang hinter den Kulissen gegen ihn gearbeitet wurde. Serbiens Verband soll seine Nähe zum Gastgeber Russland ausgenutzt haben, um Brych nach Hause zu verabschieden, heißt es. Trainer Mladen Krstajic hatte schon nach der Partie mit der Aussage, der Schiedsrichter solle sich dem Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag stellen, Grenzen überschritten.

In der „Bild“ wird unterdessen ein FIFA-Mitglied zitiert, dass die ständigen Extrawünsche der DFB-Delegation um Präsident Reinhard Grindel den Weltverband so verärgert hatten, dass man auch den Vorzeigeschiedsrichter leiden lassen wollte. Markus Merk, selber einst als Unparteiischer weltweit gefragt, meinte, die Ausbootung sei „eine Demütigung“. Lutz Michael Fröhlich, Chef der Schiedsrichterkommission, klagte, das Aus der Nationalmannschaft hätte Brych eine „seltene Perspektive“ eröffnet, so aber sei das Ganze „auch für das deutsche Schiedsrichterwesen ein Stück weit enttäuschend“.

Der bisher einzige Deutsche, der je ein WM-Finale leitete, bleibt Rudi Glöckner 1970 in Mexiko. Brych hatte vor dem Turnier gesagt, er habe die EM 2020 mit Spielen in München noch im Kopf. „Der Anpfiff muss zum Anpfiff werden“, sagte Merk in seiner Eigenschaft als „Sky“-Experte: „Kopf hoch, Felix!“

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