Wenn die Sportredaktion durchschnauft . . .

von Redaktion

Was für ein herrlicher Sommertag war dieser erste Mittwoch im Juli! 26 Grad noch am Abend, zum zweiten Mal seit dem 14. Juni kein WM-Spiel – und an jeder Ecke in dieser Stadt lockten verführerische Angebote. Mal aufs Tollwood gehen, zum Filmfest, in eines der Open-Air-Kinos . . . Auch die Familie kam ja arg kurz in den ersten drei WM-Wochen, vom Freundeskreis ganz zu schweigen. Was also macht die Sportredaktion Ihrer Zeitung? Sie trifft sich privat – und verbringt einen überaus anregenden Grillabend.

Klar, denkt der Außenstehende: Da haben die schwer geschlauchten WM-Reporter endlich mal Zeit, sich über andere Themen auszutauschen. Taten sie auch. Zum Beispiel über die Schwangerschaft der Gastgeberin, die sich in der Küche nicht geschont hat (vielen Dank noch mal, es war fantastisch!). Über frühere Tour-de-France-Abenteuer des Sportchefs, die just beendete Russlandreise der Kollegin S . . . Herrlich, mal ungezwungen zu plaudern, sich nicht nur im Bermudadreieck PC, Drucker, Fernseher zu begegnen. Doch ein Stichwort gab das andere – und schon nach ein, zwei Stündchen war man über den hochalpinen Tour-Etappenort Morzine und den WM-Spielort Sotschi bei der fesselnden Frage gelandet: „Wer war eigentlich der beste deutsche Fußballer aller Zeiten?“

Plötzlich wurde es lebhaft – die Sportredaktion lief jetzt zu Hochform auf. Namen wurden munter in die Runde geworfen: Beckenbauer, Netzer, Breitner, natürlich Matthäus, Rummenigge, Seeler, Kroos; sogar Berti Vogts erhielt eine Nennung – begünstigt vermutlich durch die angeblich köstlichen Erzeugnisse des Weinguts Hugo Glöckler. Natürlich brachte die Debatte kein Ergebnis, geschweige denn einen Konsens hervor. Es wurde später als geplant. Auch, weil noch eine andere spannende These erörtert werden musste, aufgebracht vom Sportchef, von dem der Druck der WM-Wochen spürbar abfiel. „Eine Sache ist ja völlig klar“, behauptete er forsch: „Auch die beste Nationalmannschaft der Welt hätte keine Chance, wenn sie gegen eine eingespielte Vereinsmannschaft wie Real Madrid oder FC Bayern antreten müsste!“

Wie sehr dieses Thema vertieft wurde, wäre noch nachzurecherchieren, denn die Tram um 23.24 Uhr schien günstig, um noch halbwegs beizeiten im Bett zu sein. Dass es eine weitere unruhige Nacht werden würde, war klar. Rippenbruch, zugezogen bei einem Hobbyfußballturnier – äußerst schmerzhaft. Aber: Selbst schuld! Passiert ist das Unglück am vergangenen Freitag, dem ersten spielfreien Tag dieser WM. Ein Kinobesuch wäre auch da sehr wahrscheinlich die schonendere Alternative gewesen. uli kellner

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