Münzen und Karten

von Redaktion

Vor der Mitgliederversammlung des TSV 1860 drängen sich zwei große Themen auf: Ismaiks Geld und das Stadion

von christopher meltzer

München – Als manche Gäste schon wieder verschwunden waren, kletterte noch ein Mann auf die Bühne, der sich nicht vorstellen musste. Thomas Riedl schnappte sich das Mikrofon und fing einfach an zu erzählen. Er sei gerade in der Stadt gewesen, um einen Vortrag zu halten, und als er danach ein paar alte Freunde angefunkt habe, da habe er von diesem Treffen gehört. Also sei er recht spontan zur Münchner Isarpost gefahren, wo sich am Mittwochabend all jene versammelt hatten, die die Zukunft des TSV 1860 mitbestimmen wollen. Das Pikante war nur: Wie sie das anstellen wollen, da gehen ihre Vorstellungen eben in vielen Punkten auseinander.

Als Riedl, 42, aber auf der Bühne auftauchte, klatschten sie alle. Sie sind sich nämlich einig, dass es in der Fußballgeschichte ihres Clubs schon ein paar sehr coole Momente gab. Etwa jener aus dem Jahr 1999, als die Löwen erstmals seit 22 Jahren wieder den FC Bayern besiegten, weil Thomas Riedl mit einem strammen Fernschuss ins Tor traf. Das haben sie ihm nicht vergessen. Und Riedel, der wieder in seiner Heimatstadt Kaiserslautern wohnt, schaut hin und wieder auch noch nach Giesing. Zum Abschluss seiner kleinen Rede sagte er mit Blick auf die Drittliga-Saison: „Ich hoffe, dass Lautern und Sechzig am Ende ganz oben stehen. Und ich hätte ich auch nichts dagegen, wenn Sechzig auf Platz eins ist und Lautern auf Platz zwei.“

Mehr Applaus gab’s nicht an diesem Abend, der eigentlich unpolitisch sein sollte, dann aber natürlich doch etwas politisch war. Das hängt damit zusammen, dass sich die Mitglieder des TSV 1860 am kommenden Sonntag ab 10 Uhr im Zenith zur großen Versammlung treffen, um einen neuen Verwaltungsrat zu wählen. Und natürlich damit, dass die Gastgeber der Isarpost-Feier, Klaus Ruhdorfer und Thomas Hirschberger, gemeinsam mit sieben Mitstreitern ihres Blocks „Team Profifußball“ (u.a. Ex-Löwe Bernhard Winkler) am Sonntag in den Verwaltungsrat einziehen wollen. Um ihre „Alle müssen wieder an einem Strang ziehen“-Botschaft zu unterstreichen, haben Ruhdorfer und Hirschberger am Mittwoch auch das Präsidium, die Verwaltungsräte und die Vertreter der einflussreichen Bündnisse „Pro1860“ und „Freunde des Sechzgerstadions“ zur Party eingeladen – obwohl sie ja glauben, deren Vorgehen ein wenig verändern zu müssen.

Vielleicht kommt die Wahl für das „Team Profifußball“ aber zum ungünstigen Zeitpunkt. Die Euphorie in Giesing ist gerade groß: 1860 darf sich wieder zum Profifußball (3. Liga) zählen, Daniel Bierofka, den fast alle für einen außergewöhnlichen Trainer halten, hat sich bis 2022 an den Verein gebunden. Für das aktuelle Präsidium sind das gute Wahlkampfargumente.

Die Opposition überzeugt das aber nicht. Sie drängt vor der Mitgliederversammlung zwei große Themen in den Vordergrund: Zum einen ist da der Umgang mit Investor Hasan Ismaik. Der Präsident Robert Reisinger lehnt neue Darlehen ab – und geht auch sonst auf Abstand. Das „Team Profifußball“ aber will wieder auf den Jordanier zugehen. Sie fürchten die immer bleibende Ungewissheit. Ihr Argument: Verwehrt sich der Club, muss er jeden Sommer bangen, ob der Investor zahlt. Ein Streit, der die Planung bereits in diesem Sommer aufgehalten hat.

Zum anderen ist da der Umgang mit dem Stadion. Eine Diskussion, die im Verein sehr emotional geführt wird. Als Ruhdorfer und Hirschberger in den vergangenen Wochen durch Bayern tingelten, seien sie um Karten angefleht worden. Die zwei Geschäftsmänner stehen auf das Grünwalder Stadion, halten es jedoch für zu klein, aus Fan- und Vermarktungsperspektive. Auf Dauer fehlen Münzen und Karten. Das Grünwalder mit 30 000 Plätzen? Das wäre was. Nur zweifeln sie, ob sich das mit der Stadt, der das Stadion gehört, umsetzen lässt – und wollen sich daher um einen Alternativplan bemühen.

Ihre Ansagen haben auf der Wahlkampftour angeblich Zustimmung gefunden. Das Problem des „Team Profifußball“ aber ist: Zur Mitgliederversammlung tauchen vor allem Fans aus der Kurve auf – die das Grünwalder lieben und den Investor auspfeifen.

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