München – Die bayerischen Sportler waren schon immer etwas eigen. Das hinderte sie aber nie daran, erfolgreich zu sein. 1924 bestand die deutsche Fußball-Nationalelf eine Partie lang mal nur aus Spielern aus dem Freistaat: Sechs Nürnberger, fünf Fürther reisten nach Amsterdam, um gegen die Niederlande zu spielen. Sie saßen in einem Zug, aber in verschiedenen Waggons, denn die gegenseitige Abneigung ist legendär. Auch auf der Rückreise gab es keinerlei Vermischung. Und das, obwohl das Spiel mit 1:0 gewonnen worden war.
Bayerns Beste sind seit jeher besondere Marken gewesen, am Samstag wurden die Größten aus 100 Jahren Freistaat in der Münchner BMW Welt geehrt. Bereits beim ersten Preisträger erhoben sich die geladenen Gäste applaudierend von den Sitzen. Franz Beckenbauer nahm die Trophäe als Jahrhundertsportler entgegen, und sein Ladautor Günter Netzer brachte es auf den Punkt: „Er hat Fußball in die Nähe der Kunst gerückt.“
Sie alle begeistern die Fans mit ihren Leistungen, mit ihren Persönlichkeiten – und mit ihrem bayerischen Weg, der beim FC Bayern stilbildend mit dem Motto „Mia san mia“ zusammengefasst wurde. „In unserer schnelllebigen Zeit müssen wir unseren eigenen Weg finden“, sagte Präsident Uli Hoeneß, als er mit dem Münchner Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge die Ehrung als „Mannschaft des Jahrhunderts“ entgegennahm. „Wir können heute nur noch erfolgreich sein, indem wir unsere Kraft aus unseren eigenen Idealen schöpfen.“ Als der gastgebende Minister Joachim Herrmann das Duo schon wieder von der Bühne verabschieden wollte, ergriff Hoeneß noch einmal das Wort, denn eines müsse er noch loswerden, sagte er: „Wir sind unglaublich dankbar und stolz, wir leben in einer tollen Stadt und im wunderschönsten Land der Welt.“ So ein Abend ist auch immer eine schöne Gelegenheit, um etwas zurückzugeben.
Verena Bentele schlug einen ähnlichen Pfad wie Hoeneß ein, als sie nach ihrer Auszeichnung mit dem „Jetzt-erst-recht“-Preis lieber ihre Laudatorin Senta Berger als sich selbst in den Mittelpunkt rückte. So schöne Worte von „der Grande Dame des Films – vielen Dank“, sagte die Paralympicsiegerin, die sich seit 2014 als Behindertenbeauftragte der Bundesregierung engagiert. „Barrieren fangen im Kopf an, in einer offenen Gesellschaft wie der unseren sollte man immer alles geben für Toleranz, Frieden und Freiheit“, meinte sie. Senta Berger nannte sie später im kleinen Kreis sogar „eine Jahrhundert-Persönlichkeit“.
Verena Bentele bezwang als erster blinder Mensch den Mount Meru in Tansania, sie stand zudem bereits auf dem Kilimandscharo. Auch das ist so ein Bild, das sich in den Abend fügte: Bayerns Sport-Stars stürmen die höchsten Gipfel, seit Jahrzehnten. Rosi Mittermaier-Neureuther erinnert sich bis heute, wie zu ihrer Hochzeit 15 000 Fans vor der Kirche auftauchten, und wie sie zuhause hinten durchs Fenster floh, in den Wald, weil vor der Türe so viele auf Autogramme oder Fotos warteten. „Aber es war eine schöne Zeit“, sagte sie. Ihr Appell an die Nachfolge-Generationen lautet, Sport zu treiben, auch wenn das Iphone lockt. „Sport hält dich gesund, die schönste Investition bei einer Familie ist, ihr eine Turnmatte zu schenken“, sagte sie, sie selbst kugle gerade mit ihrem eigenen Nachwuchs leidenschaftlich auf einer herum.
Magdalena Neuner nahm die Auszeichnung als Jahrhundertsportlerin „fast ein bisschen perplex an – ich bin 31 und schon Jahrhundertsportlerin“, sagte die Biathlon-Ikone. „Ich werde diesen Preis ganz besonders in Ehren halten. Es gibt so viele, die ihn auch verdient hätten.“ Weil die Sportler im Freistaat seit 100 Jahren schon immer eigen und erfolgreich waren.