München – Seit gestern ist nun also Albrecht von Linde Ehrenmitglied des TSV 1860 – die Mitglieder nahmen einen entsprechenden Antrag nahezu einstimmig an. Auch ein anderer Ex-Präsident war sehr präsent, obwohl nicht mal persönlich im Zenith anwesend. Diverse Veröffentlichungen in den Tagen vor der Versammlung hatten dafür gesorgt. So bekam Peter Cassalette von Geschäftsführer Michael Scharold jene Horrorzahlen vorgelegt, die vom letzten Jahr seiner Amtszeit blieben (22 Mio. Euro Verlust – Quelle: bundesanzeiger.de). Dazu wurde er mit ungewohnter Schärfe angegriffen – von keinem Geringerem als dem aktuellen Amtsinhaber.
„Er hat sich gern mit Sportdirektor, Trainer und Spielern in den Zeitungen gezeigt und hat die Hire-and-Fire-Politik mitgemacht“, schrieb Robert Reisinger seinem Vorgänger ins Stammbuch. Weiter giftete er in einem von der Bild-Zeitung veröffentlichten Rundumschlag: „Er wollte an der Seite eines Mannes wie Ismaik selber als Macher gelten.“ Es sei „Wahnsinn“ gewesen, wer im Jahr des Doppelabstiegs alles mitgesprochen habe: „Der Investor, die Berater des Investors, eine Londoner Agentur, der Spielerberater, der Präsident, der engere Kreis des Präsidenten, der Sportchef, der Trainer, irgendwelche externen Kaderplaner, der Geschäftsführer . . . bis am Ende niemand mehr wusste, wer was wann mit wem besprochen hatte.“
Natürlich wollte Cassalette das nicht so stehen lassen. In einer von Ismaiks Firma HAM veröffentlichten Replik sprach der als Aufsichtsrat zurückgekehrte Funktionär von „schäbigem Verhalten“ – und keilte in ähnlicher Schärfe zurück. „Damit will er von seinem eigenen Fehlverhalten ablenken“, wetterte er: „Ich sage klipp und klar: Reisinger war als Verwaltungsrat selbst Teil der Schuldenpolitik.“ Reisinger und seine aktuellen Vizes hätten sämtliche Ausgaben „mit abgenickt“. Dass er das verschweige, zeige seinen Charakter, so Cassalette: „Reisinger ist kein falscher Fünfziger, sondern ein falscher Sechziger. Auch hat er bei 1860 versucht, an die Geldtöpfe zu kommen: Er hat sich in der Präsidentschaft von Gerhard Mayrhofer als KGaA-Geschäftsführer beworben. Das ist ihm heute natürlich unangenehm.“
Die Basis scheint dem aktuellen Präsidenten dennoch näher zu stehen – sie versagte Cassalette die Entlastung und strafte ihn nachträglich für seine Beteiligung am Missmanagement ab: 779 Nein- bei nur 141 Ja-Stimmen ergaben einen deutlichen Denkzettel. Für eine Ehrenmitgliedschaft kommt Cassalette vorläufig eher nicht in Frage. ulk