Günter Netzer (73) hielt die Laudatio auf Franz Beckenbauer. Im Kurz-Interview erläutert der langjährige Weggefährte, was ihm am „Kaiser“ am meisten imponiert.
-Herr Netzer, Franz Beckenbauer als Bayerns Jahrhundertsportler – aus Ihrer Sicht: Inwieweit hat sich der „Kaiser“ in all den Jahren auch immer das typisch Bajuwarische erhalten?
Nun, heute kann man ihn sicher nicht mehr allein aufs Bayerische reduzieren. Mir erschließt sich das auch nicht ganz, ob er jetzt ein Lederhosen-Typ ist, obwohl er mir schon mal erzählt hat, dass er früher als kleines Kind immer so rumgelaufen ist. In meinen Augen ist Franz ein Weltmann, der überall zuhause ist, was sich nicht allein auf die Fußballplätze dieser Erde beschränkt. Er bewegt sich auf jedem Parkett elegant, wie früher als Spieler auf dem Rasen. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Auch wenn er sich in New York wohlgefühlt hat und in jedem Winkel der Erde seinen Platz hat: Er liebt sein Zuhause, er liebt dieses wunderschöne Bayern, die Berge, die Menschen, die hier leben – und das sieht man ihm auch an. Er trägt das auf seine ganz eigene, unaufgeregte, stets bei sich gebliebene Art in die Welt.
-Einer, der sich selbst den Steilpass aus Giesing bis nach Manhattan aufgelegt hat – und dem eigenen Steilpass problemlos nachkam.
In der Tat, ja. Am liebsten ist er hier, keine Frage. Das verstehe ich auch. Er weiß, wo er herkommt, das vergisst er nie. Und: Hier wurde er ein Star. Aber ich habe ihn auch immer bewundert, wie er auf die Menschen in aller Welt zugeht und auf sie wirkt. Das ist seine Gabe.
-Sie selbst ein Kind des Nordens, er ein Stern des Südens – und dennoch wurden Sie Freunde. Wie würden Sie Ihr Verhältnis beschreiben?
(lacht) Es ist in der Tat kurios: Man hat das ja nun bei der Ehrung zum Bayerischen Jahrhundertsportler wieder gut sehen können. Wir planen so etwas nicht, dass wir uns da gegenseitig so in die Pfanne hauen. Plötzlich brechen solche Sachen aus uns heraus. Diesmal war das ja noch ganz zivil – bei privaten Anlässen wird der Ton rauer, da gehen wir aufeinander los, das ist höchst amüsant für die Zuhörer. Aber natürlich spielen wir da mit unseren Ansichten, ein Spiel, das Spaß macht, uns beiden. Und eins muss ich auch sagen: Man kann mit Franz wunderbar streiten, ich sage Ihnen: wunderbar!
-Sie sind zu Spielerzeiten ja auch gerne aneinander geeckt.
Aber selbstverständlich! Das wäre ja noch schöner gewesen, wenn der eine einfach so im Raum stehen gelassen hätte, was der andere so sagt. Wir sind beide stur gewesen, und wir waren in unseren jeweiligen Vereinen die spielbestimmenden Figuren – er in München, ich in Mönchengladbach. In der Nationalauswahl mussten wir Alphatiere uns dann zusammenraufen. Wir haben uns wunderbar gefetzt, aber wir beide wussten immer: Es geht um die Sache. Ich kann es nur immer wieder sagen: Franz war vor seiner Zeit der Beste, er war während seiner Zeit der Beste – und danach kam auch nichts Besseres nach. Er hat den Fußball bestimmt, verändert und gemacht. Es gab keinen Besseren.
Interview: Andreas Werner