Trotz „Halbform“: Robert Harting glaubt an EM

von Redaktion

Diskus-Star wird nach Zitterpartie Dritter, über seine Nominierung wird erst noch entschieden

Nürnberg – Robert Harting will sich nicht durch die Hintertür in sein Berliner Wohnzimmer schleichen. „Eine Lex Harting, einen Freifahrtschein, möchte ich nicht, da habe ich keinen Bock drauf“, sagte der Diskuswurf-Olympiasieger gestern zu seiner Hängepartie um die EM-Nominierung. Bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften in Nürnberg wurde der Berliner zwar nur Dritter. Aber Harting glaubt an sich: „Ich bin eigentlich besser, ich kann mehr!“

Dass der erfolgreichste deutsche Leichtathlet des vergangenen Jahrzehnts bei der EM in zwei Wochen im Olympiastadion fehlt, ist nicht nur für Harting ein undenkbares Szenario. „Ein Unding“, sagt er selbst. „Das Bundestrainer-Team wird Christoph Harting, Daniel Jasinski und Robert Harting für die EM-Nominierung vorschlagen. Es ist ein unverbindlicher Vorschlag“, sagte Idriss Gonschinska, der Leitende Direktor Sport im Deutschen Leichtathletik-Verband. „Ich sehe meine Chancen bei 75 Prozent“, meinte Harting. Aber eigentlich ist der 33-Jährige so gut wie durch: Der DLV wird den Superstar, den Lokalmatador, den Liebling der Fans höchstwahrscheinlich nicht zu Hause lassen.

„Sehe meine Chancen bei 75 Prozent“

An diesem Montag werden die Nominierungen mit dem Bundesausschuss Leistungssport beraten, am Mittwoch gibt der DLV dann sein Rekordteam für die EM – mehr als 120 Sportler – bekannt.

Der einzige Tweet, den Robert Harting am Samstagabend nach dem Wettkampf noch absetzte, war eine eindeutige Botschaft: „Wir sehen uns in Berlin;))!!“ In Nürnberg sei er nur in einer „Halbform“ angetreten, „das wäre beinahe nach hinten losgegangen“. Denn mit seinen 63,92 m lag Harting im Quali-Krimi nur 20 Zentimeter vor Martin Wierig, der den Diskus im EM-Jahr schon 66,98 m weit geschleudert hat.

„Ich möchte jetzt auch nicht in der Haut derjenigen stecken, die das entscheiden müssen: Harting ist jetzt im Team“, sagte der Olympiasieger von 2012. Sein jüngerer Bruder Christoph, bereits für die EM nominiert, trumpfte in seinem ersten und einzigen Versuch mit 66,98 Metern auf und holte sich seinen zweiten Meistertitel. Dass er nur einmal in den Wurfring ging, erklärte der Olympiasieger mit „höllischen Kopfschmerzen“. Das zweite EM-Ticket geht an den Wattenscheider Daniel Jasinski (64,82 Meter).

Am 8. 8. 2018 (Robert Harting: „Die 8 ist meine Lieblingszahl“) könnte es in Berlin zum nächsten Duell der ungleichen Brüder kommen – im EM-Finale der Diskuswerfer. Das pikante Treffen der Olympiasieger am späten Samstagabend im ZDF-Sportstudio fiel allerdings aus, weil Robert absagte. „Wir haben ein sehr angespanntes Verhältnis, um zu sagen: gar kein Verhältnis. Einfach aus Respekt meiner Mama und meinen Eltern gegenüber – da will ich einfach nicht, dass jemand neben mir sitzt, und wir unterhalten uns nicht“, sagte Robert noch im Stadion.

Auch für Christoph Harting wäre ein verbales Bruderduell – live vor den Kameras – eine unangenehme Pflicht gewesen. „Da treffen natürlich Welten aufeinander – und deswegen ist das menschlich manchmal schwierig“, sagte der Rio-Olympiasieger im ZDF-Sportstudio. Zu Robert habe er eher „kein Verhältnis als ein schwieriges Verhältnis“.  dpa/sid

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