Ein Sommerurlaub ist für Inhaber eines hohen Amtes noch lange kein Grund, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Es sei denn, man ist Bundestrainer. Joachim Löw entspannt zurzeit auf Sardinien, wobei das mit der Entspannung nicht mehr so ganz gesichert ist, seit sein langjähriger Lieblingsspieler Mesut Özil eine brachiale Attacke auf den DFB geritten hat und sich die Leute nun fragen: Was macht eigentlich der Bundestrainer?
Was Reinhard Grindel macht, weiß man schon eher. Auch der DFB-Präsident macht Ferien, aber das hat ihn nicht davon abgehalten, am Freitag bei den besten Schiedsrichtern des Verbandes vorbeizuschauen und in den sozialen Netzwerken darüber zu berichten. Am Montag hat er einen weiteren Urlaubstag geopfert, um mit den Präsidiumskollegen eine Telefonkonferenz abzuhalten. Grindel ist in diesen turbulenten Tagen durchaus aktiv. Aber zu sehen bekommt man ihn nur auf Fotos.
Als Beobachter der Causa Özil, die längst auch eine Causa DFB ist, findet man viele Gründe, sich über das Verhalten der wichtigsten Akteure zu wundern. Mesut Özil mag der Auslöser gewesen sein, er ist offenkundig nicht gut beraten und heillos überfordert. Aber das Management einer Krise zählt auch nicht zu seinen vorrangigen Aufgaben. In erster Linie ist er Fußballer und darin ziemlich gut, selbst wenn einige Experten das neuerdings ganz anders sehen.
Was aber Reinhard Grindel zu all dem zu sagen hat, ist selbst jetzt noch nicht klar. Er spricht ja nicht öffentlich, er schreibt nur (oder lässt schreiben). Dabei wäre es für ihn allerhöchste Zeit, an die Öffentlichkeit zu treten und sich ausführlich zu erklären. Sonst ist es unwiderruflich zu spät.
Der DFB hat sich immer auch über sein soziales Engagement definiert. Er ist groß und bildet die Gesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt ab. Integration ist ein logisches Thema für so einen Verband, und in der Vergangenheit hat er sich echte Verdienste erworben. Umso ernüchternder ist das aktuelle Bild.
„United by Football“ lautet das Motto, unter dem sich Deutschland um die EM 2024 bewirbt. Man will vereinen, Brücken bauen, gemeinsame Werte betonen. Grindel ist einer der obersten Repräsentanten dieser Kampagne, doch seine Handlungen verkörpern das genaue Gegenteil der hehren Ideen. In schwierigen Zeiten müsste er umsichtiger Krisenmanager sein, im Alltag ein Brückenbauer. Er sollte der Kopf eines mächtigen, selbstbewussten Verbandes sein. Aber er ist bloß das Gesicht der Krise.