Wiedersehen macht Freude

von Redaktion

Vieles verbindet die Drittliga-Gegner FCK und 1860: Beide definieren sich über frühere Erfolge – happy sind sie trotzdem

von uli kellner

München – Die einen kommen von oben, die anderen von unten – dabei sind beide Clubs alte Weggefährten und ihre Fans sogar in Freundschaft miteinander verbunden. Die Rede ist, na klar: von den Traditionsvereinen 1. FC Kaiserslautern und TSV 1860, die so vieles gemeinsam haben: Verblasste Erfolge, turbulente Jahre des Auf und Ab, Stadionprobleme, chronische Geldnot – und leidenschaftliche Anhänger. Eine Gegenüberstellung der Roten Teufel und der Blauen aus Giesing.

Auf & Ab

Traditionsverein bedeutet ja landläufig: Früher war mehr Erfolg. Beim FC Bayern, vor 118 Jahren gegründet, käme keiner auf die Idee, diesen Ehrentitel voranzustellen, wohl aber bei den Altmeistern vom Betzenberg bzw. dem Giesinger Berg. Was beide Klubs noch vereint neben lange zurückliegenden Erfolgen, ist der Hang zu rasanten Achterbahnfahrten. Der FCK etwa stieg 1996 erstmals aus der Bundesliga ab, um schon 1998, nach dem direkten Wiederaufstieg, Meister zu werden – letztmals bislang. Bei 1860 lief das in den 60er-Jahren umgekehrt: Der einzige Meistertitel wurde 1966 bejubelt, in der Folgesaison reichte es immerhin zu Platz zwei, ehe sich drei Jahre später der erste (und lange nicht der letzte) Abstieg ereignete.

Alte Meister

Den jeweiligen Mythos begründeten Männer, die man hauptsächlich von Schwarzweiß-Aufnahmen kennt. Am Betzenberg ist man noch heute stolz auf fünf Weltmeister von 1954: Fritz und Ottmar Walter, Horst Eckel, Werner Liebrich und Werner Kohlmeyer. Die Allzeit-Helden der Löwen hatten ein Jahrzehnt später ihre magischen Momente: Pokalsieg 1964, Europacupfinale 1965, Meisterschaft 1966 – und Platz 1 der bayerischen Single-Charts („Bin i Radi, bin i König“). Um ihren Status als sportliche Evergreens müssen die Meisterlöwen um Petar Radenkovic auch ein halbes Jahrhundert danach nicht bangen, denn wie beim FCK lautet die traurige Realität: 3. Liga.

Stadion

Beide wollten architektonisch hoch hinaus – beide Klubs haben sich mit ihren Stadionprojekten finanziell verhoben. Satte 9 Millionen Euro mussten die Pfälzer vor jeder Saison für ihr ausgebautes Fritz-Walter-Stadion zurückstellen, ehe der Verkauf der überdimensionierten WM-Arena den Ruin verhinderte. Die Löwen sind diesbezüglich Leidensgenossen, denn sie haben sich bis heute nicht vom Arena-Größenwahn erholt. Bau zusammen mit dem FC Bayern, Schmiergeldskandal, Verkauf der Anteile, Fastinsolvenz, 60-Prozent-Übernahme durch Hasan Ismaik – so geht, grob skizziert, die weißblaue Kausalkette des Schreckens.

Fluktuation

„Wer ist eigentlich diese Woche Trainer bei 1860?“ Dieser alte Witz hätte genauso gut auf den FCK gemünzt sein können. Jahrelang war es vergebliche Mühe, sich die jeweiligen Verantwortlichen zu merken – die Trainer wechselten genauso schnell wie Manager, Geschäftsführer und Präsidenten. Jetzt jedoch scheinen beide Klubs seriöse Langzeitlösungen gefunden zu haben. Sportvorstand Martin Bader und Chefcoach Michael Frontzeck sorgen beim FCK für Stabilität; bei 1860 ist Daniel Bierofka der Mann, der mit allen kann – und dem alle so ziemlich alles zutrauen. Bemerkenswert: Hätten nur die 15 Zweitligaspiele unter Nothelfer Frontzeck gezählt, wäre der FCK Vierter geworden statt Tabellenletzter und Absteiger.

Stimmung

Auch das ist typisch für sog. Traditionsclubs – die Fans rennen hin, egal wie schlecht es ihrem Verein geht. Der TSV 1860 verzeichnete nach dem historischen Doppelabstieg einen Mitgliederboom, alle Regionalligaspiele waren ausverkauft, der Jubel nach dem Aufstieg wurde zum Youtube-Hit (Stichwort: Feier-Vergleich). Selbstredend waren auch die Dauerkarten für die 3. Liga in Rekordzeit ausverkauft. Ungebrochene Euphorie trotz des Abstiegs erlebt aktuell auch der FCK: Das erste Training der neuen Saison begleiteten 1500 Fans, 11 000 Dauerkarten wurden verkauft, 20 000 Zuschauer als Schnitt in die Lizenz-Kalkulation genommen. Geht auch gleich gut los für die Pfälzer: Für das Auftaktspiel am Samstag gegen die Löwen wurden mehr als 30 000 Tickets verkauft. 41 092 waren es, als sich beide Clubs letztmals an einem ersten Spieltag begegneten. 2014 war das – damals noch in der 2. Liga.

Artikel 1 von 11