Unterhaching – Es war ein gutes Gespräch, das der Präsident und der Spieler nach der Partie in Uerdingen führten. Manfred Schwabl meinte zu Jimmy Müller, der beim 3:1 der SpVgg Unterhaching zwei Treffer erzielt hatte: „Schau, jetzt sind wir doch alle zufrieden.“ Der Offensivmann sagte: „Und Sie, Herr Präsident, hatten mal wieder Recht.“
Um die Tiefe dieses kurzen Dialogs zu entschlüsseln, benötigt man Vorwissen. Es gab nämlich auch einmal ein gar nicht so gutes Gespräch, damals vor einem Spiel, ebenfalls zwischen dem Präsident und dem Spieler. Im Rahmen der letzten Auswärtspartie in der vergangenen Saison in Jena setzte es eine ausgiebige Kopfwäsche. Schwabl erklärte dem 28-Jährigen, dass das erste Jahr in der Dritten Liga eine Bewährungschance für die Hachinger Aufstiegshelden war und dass jegliche Meriten ab sofort nichts mehr
Nach dem Urlaub mit neuen Kampfgewicht – quasi ein Neuzugang
zählten. Der Ton war deftig, bayerisch halt, direkt und ehrlich. „Ich habe ihn gefragt, wie es sein kann, dass er nach 45 Minuten keine Luft mehr hat, wo wir doch sieben Mal die Woche trainieren“, erzählt Schwabl, „ich habe ihm gesagt, dass es für ihn im Leistungssport nicht mehr weitergeht, wenn er da nichts ändert. Dann kann er nur noch Breitensport machen.“ Es sei „eine harte Ansprache“ gewesen, gibt der Präsident zu, auf der Rückfahrt schaute ihn Müller ziemlich komisch und nachdenklich an, wenn überhaupt. „Aber das war mir wurscht“, so Schwabl, „ich dachte mir nur: entweder er kapiert es – oder eben nicht.“
Nach den Sommerferien staunte Schwabl dann nicht schlecht: „Jimmy hatte eine richtige Sportlerfigur, er hat einige Kilo abgenommen, ich wusste: Ah, jetzt wird es interessant.“ Offenbar hatte Müller kapiert, und auch Trainer Claus Schromm attestiert, er sei „fit wie noch nie – das sieht man in jedem Training. Effektiv war Jimmy schon immer, aber jetzt hat er es auch körperlich drauf.“ Zwei Tore nun zum Auftakt im Duell zwischen dem Club mit dem niedrigsten und dem höchsten Etat der Liga, das kann sich sehen lassen. Schwabl: „Er hat die Kritik angenommen, hat nicht auf stur geschalten und erntet jetzt die Früchte – ich ziehe meinen Hut vor ihm. Jimmy ist praktisch wie ein Neuzugang.“ Eigentlich kam er 2016.
Prinzipiell ist es immer ratsam, Müller im Kader zu haben. Aufstiege liegen ihm im Blut: 2012 erreichte er mit Regensburg die Zweite Liga, vier Jahre später schaffte er das Gleiche mit Dynamo Dresden. „Er hat Aufstiege in den Genen“, sagte Schwabl bei seiner Verpflichtung, tatsächlich wurde Müller der Fußball insgesamt in die Wiege gelegt: Sein Papa Bernd kickte früher für die Amateure des FC Bayern und von 1989 bis 1991 auch schon für die SpVgg Unterhaching in der Zweiten Liga. Opa Heini war sogar noch erfolgreicher; er wurde 1961 mit dem 1. FC Nürnberg Deutscher Meister. „Man kann sagen, dass Jimmy jetzt erstmals in die Fußstapfen seiner Vorfahren getreten ist“, sagt Schwabl, „seitdem er es kapiert hat jedenfalls.“ Der Präsident muss kurz überlegen. „Seit der Sommervorbereitung also. Nein: Seit Jena.“ Schromm lobt ebenfalls die professionelle Reaktion auf die Kopfwäsche: „Dieses Gespräch hat gefruchtet.“
Fit wie nie wird Müller also nun seiner Familiengeschichte gerecht. „Wir hatten uns vor Uerdingen viel vorgenommen und haben dann alles top umgesetzt“, sagte der Offensivmann, „meine zwei Tore waren für mich die Krönung. Ich freue mich jetzt auf das Heimspiel am Samstag.“ Da geht es um 14 Uhr gegen Aalen. Zudem feiert Müller an dem Tag Geburtstag. Vielleicht gibt es diesmal nach dem Spiel ja sogar einen Kuchen statt einer Kopfwäsche.