Souvenirs aus den Staaten

von Redaktion

Der FC Bayern schlägt aus seinen US-Partnerschaften langsam auch sportlich Kapital

VON ANDREAS WERNER

München – Normalerweise steht nach einem Trip in die USA eine Miniatur der Golden Gate Bridge in der Vitrine, oder ein kleines Empire State Building oder – natürlich der Klassiker Nummer 1 – eine Kopie der Freiheitsstatue. Nur: irgendwann sind die Mitbringsel Staubfänger. Der FC Bayern hat sich auf Souvenirs spezialisiert, die weniger unter Verdacht stehen, irgendwann mal nutzlos in der Ecke zu landen. Staub ansetzen dürften sie nicht.

Nachdem die Bayern die USA zu einem Fokusmarkt erklärt hatten, sind sie das Projekt maßstabsgerecht angegangen; sie richteten ein Büro in New York ein und starteten unterschiedliche geschäftliche Kooperationen. In den ersten Schritten ging es darum, generell Fuß zu fassen und möglichst lukrative Partnerschaften aufzubauen. Inzwischen aber schlägt man nicht nur finanziell, sondern auch sportlich Kapital aus den Bemühungen. Vor allem die Kooperation mit dem FC Dallas, die man vor einem guten halben Jahr eingegangen ist, ist ein wichtiger Baustein, um sich auch Talente aus den Staaten sichern zu können.

In den USA ist das Ausbildungssystem ein anderes als hier. Statt in Vereinen läuft fast alles in den Schulen ab, zudem gibt es Förderprogramme, auch vom FC Bayern. Allerdings ist es zunächst nur den Clubs der MLS erlaubt, auf die Talente zuzugreifen. Dank der Partnerschaft mit dem FC Dallas, der in der Nachwuchsförderung in den Staaten als Vorzeigemodell gilt, haben die Bayern nun auch die Möglichkeit, interessante Spieler an die Isar zu lotsen. Die zwei Clubs betreiben einen regen Austausch, von dem beide Seiten profitieren. Für die Münchner war es nie eine Option, im Stile des Red Bull-Konzerns eigene Satelliten-Clubs aufzubauen – man suchte immer einen Partner-Verein. In Dallas wurde man fündig.

Bei der US-Reise der Bayern, die gestern zuende gegangen ist, gehörte bereits ein junger Mann aus Dallas zum Kader. Chris Richards spielte beim 2:3 gegen Manchester City in der Innenverteidigung 90 Minuten. Der 18-Jährige ist der erste Leihspieler, der eine Chance bekommt. Vorrangig wird er in der U 19, die Sebastian Hoeneß betreut, eingesetzt. Er wohnt im Internat auf dem Campus. Im Frühjahr hatte er die Münchner bei einem zehntägigen Probetraining überzeugt. „Ich freue mich riesig auf das Abenteuer und darauf, mich bei Bayern weiterentwickeln zu können“, meinte der Jungspund, der bis Ende des Jahres ausgeliehen ist.

Sollte Richards dann wieder gehen, wird er durch das nächste Souvenir aus der Major League Soccer ersetzt. In der vergangenen Woche nutzten die Bayern die Chance, um sich vor Ort Alphonso Davies zu angeln. Der 17-Jährige von den Vancouver Whitecaps wird sich am 1. Januar den Münchnern anschließen, vorher erlauben es die Statuten noch nicht. Davies hat seit 2016 einen kanadischen Pass, blick aber insgesamt auf eine ungewöhnliche Vita zurück. Geboren wurde er in Buduburam, einem Flüchtlingslager in Ghana, als seine Eltern gerade wegen des Bürgerkriegs über die Elfenbeinküste aus Liberia geflohen waren. Der Flügelstürmer erhielt einen Vertrag bis 2023, er soll inklusive aller Bonuszahlungen gut 19 Millionen Euro kosten – so viel wurde noch nie für einen Profi aus der MLS aus Europa bezahlt. Davies ist der zweitjüngste Spieler, der in der US-Liga eingesetzt wurde, lediglich Freddy Adu hatte noch weniger Jahre in den Beinen. Er galt einst als Wunderkind, erfüllte die Erwartungen letztlich allerdings nie.

Rummenigge fordert Champions League

Adus Zeiten aber waren andere, es herrschte Goldgräberstimmung quasi, obwohl es im Grunde klar war, dass in den USA fußballerisch allenfalls Katzengold geglänzt hat – wertlos. Inzwischen hat sich das Niveau verändert, auch die ersten US-Importe der Bayern sind heute Geschichte. Landon Donovan war in der insgesamt schaurigen Saison 2008/09 eine von Jürgen Klinsmanns zahllosen Schnapsideen, Julian Green konnte später nie Fuß fassen, obwohl er in Miesbach aufgewachsen ist und von klein auf an das Niveau gewohnt war. Er verabschiedete sich vor einem Jahr aus München, spielt nun für Greuther Fürth.

Es wird nun die Frage, ob sich Richards und Davies besser behaupten – die Ambitionen der Bayern sind dabei auf keinen Fall gesunken. Zum Abschluss der US-Reise sagte Karl-Heinz Rummenigge, der Titel in der Champions League stehe „in naher Zukunft“ ganz oben auf der Agenda. Man habe „große Ziele“, so der Vorstandschef, „insbesondere in der Champions League“. Denn die einzigen Staubfänger, die der FC Bayern für seine Vitrinen akzeptiert, sind Pokale. Nicht in Miniaturform, sondern in der größtmöglichen Größe.

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